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in der anderen durchziehen sie in kleineren und größeren Trupps das Land von Seriba zu Seriba wandernd und führen im wahren Sinne des Wortes das, was unsere Frommen ein Gebetsleben nennen. Ihr zweites Wort ist Allah, ihr drittes Mohammed el rassul. Allein wie leicht es dem rohen Menschen wird zu glauben und wie schwer ein rechtschaffenes Leben zu führen, sieht man recht deutlich an diesen Faki’s. Nie fand ich unbarmherziger die Sklaven behandelt als von diesen glaubensstarken Männern, die indeß ihren geraubten und für Spottpreise wie Diebeswaare erkauften Seelen stets gottesfürchtige Namen zu geben pflegen, wie z. B. häufig Allagābo, Gott hat’s gegeben. Daß sie aber zu solcher Blasphemie noch Mißhandlungen zu gesellen vermögen, welche bei uns kein Diener der öffentlichen Reinigung an einem verreckenden Hunde loslassen würde, beweist folgender charakteristischer Fall. In einem Transporte befanden sich etliche elende zu Gerippen abgemagerte Mattu-Sklaven, die kaum im Stande waren den ihnen am Halse befestigten Balken nachzuschleifen. Eines Morgens vernahm ich bei den von ihnen eingenommenen Hütten, welche ich häufig, um meinen Gemüsegarten zu erreichen, passiren mußte, viele Stimmen, und wie ich mich seitwärts wende, eröffnet sich mir eine Scene, die wiederzugeben, sich fast die Feder sträubt. Man hatte einen Sterbenden aus der Hütte geschleift und prüfte mit grausamen Peitschenhieben, die ebensoviel weiße Streifen auf seiner welken Haut zurückließen, und unter Fluchen und Schmähungen wie: „der Hund will noch nicht sterben, er ist noch nicht todt der Heide“, ob er noch ein Lebenszeichen von sich gebe. Dabei spielten Knaben und andere Sklaven aus dem Gefolge der Faki’s mit dem noch deutlich keuchenden und röchelnden Körper unter empörenden Scherzen förmlich Fangeball. Sein gräßliches Augenverdrehen hätte jedes menschliche Herz, wenn nicht gerührt, so doch mit Entsetzen erfüllen müssen; statt dessen wurden Stimmen laut, der Unglückliche verstelle sich nur, um unbemerkt entfliehen zu können. Sein bejammernswerthes Aeußere strafte sie Lügen, und so wurde er in den Wald geschleppt, wo ich, der Weichherzige, nach einigen Wochen seinen Schädel aufsuchte, um ihn nebst vielen anderen seiner Unglücksgefährten dem Berliner Museum einzuverleiben. Das ist die Geschichte von Schädel No. 3b, das thaten angesichts der Majestät des Todes mohammedanische Priester, sie, die sich für Glaubenshelden halten; und unsere bethörten Missionäre suchen ihnen im Glauben die Spitze zu bieten, die rechtschaffensten und besten Menschen von der

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_130.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)