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Innern keine beträchtliche Erweiterung vorhanden sein konnte, und lieferten eine Anzahl Exemplare von zwei verschiedenen Fledermausarten in meine Sammlung. Als Zufluchtsstätte konnte also nur die großartige Vorhalle gedient haben, die versteckt genug gelegen erscheint. Der Boden derselben ist eine ungeheure Guanomasse vom feinsten gelbbraunen Staube. Ihre Anhäufung hat den Boden der Höhle allmählig ihrer Decke genähert. Ein einziger Sack, welchen ich von diesem Guano mitnahm, reichte aus, um in meinem großen Gemüsegarten Wunder zu bewirken.

Von Kulōngo kehrte ich nach einem Marsche von 1½ Stunden zur Seriba Gīr zurück. Die erste halbe Stunde führt in NO. bis zu einer seit vier Jahren verlassenen Seriba des Ghattās, welche Stelle ich bereits von Addaī aus besucht hatte. Ein überraschendes Bild bietet sich hier den Blicken, wenn man Grasdickichte von unbeschreiblicher Ueppigkeit, darunter wildaufgeschossene Sirch-Kolben in einer Höhe von 20 Fuß auf kräftigen Halmen schwankend, durchdrungen hat. Die jahrelang hier angehäuften Abfälle und düngenden Substanzen haben diese erstaunliche Vegetationsfülle veranlaßt. Das hohe Pfahlwerk der Seriba, kaum wahrnehmbar im Hochgrase, erschien wie die Reste sämmtlicher Hütten von dichten Massen verwilderter Kürbisse, Flaschenkürbisse und Luffas fast erdrückt. Diese Reste bestanden nur noch in den nackten Gestellen der zu Boden gesunkenen Kegeldächer, welche, wie riesige Reifröcke gestaltet, den wuchernden Kürbisranken einen erwünschten Anhalt boten. Es war, als jauchzte, als triumphirte hier die Natur in ausgelassener Wildheit über den Abzug ihrer Schänder und Bedrücker. Diese großartige Wildniß gewann etwas Gespenstisch-unheimliches, wenn man dabei der tiefen Stille gewahr wurde, welche um diese hundert verlassenen Wohnungen herrscht; da ward keines Vogels Stimme, kein Insektengesumme vernommen, es war, als lastete eines Sängers Fluch auf dieser Stätte des Raubes und der Gewaltthätigkeit.

In gleicher Distanz wie Kulōngo (1½ Stunde) liegt Gūrfala von Gīr, aber in NW. zu W.-licher Richtung. Der Weg dahin führte eine halbe Stunde lang durch Steppensümpfe, welche mir des häufigen Durchwatens durch tiefe Schlammmassen wegen äußerst lästig fiel, da mehrmals auf dieser kurzen Strecke die Kleider gewechselt werden mußten. Die nackte Haut diesen Sümpfen auszusetzen, ist nicht nur wegen einer Anzahl theils gefährlicher, theils verdächtiger Insekten und Würmer unrathsam, es ist auch, da fast alle Gräser schneidend scharfe Ränder haben, im höchsten Grade schädlich, da Verletzungen der Art äußerst langsam heilen, und, wie fast die Mehrzahl aller Nubier, welche die Niām-Niām-Campagne mitgemacht, beweist, in

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_142.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)