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andern Beiden mit hellblauen Knöpfen waren chinesische „Landräthe“ („Pristav’s“ im Original unseres russischen Erzählers).

Die Fremden begrüßten den Amban, indem sie die Arme auf der Brust zusammenlegten. Der Letztere sah sie scharf an, bemerkte dann chinesisch zu seiner Umgebung: „Es sind weder Russen noch (rußische) Tataren, sondern Andschaner,“ und wandte sich hierauf mit der gewöhnlichen Frage chinesischer Beamten, ob sie glücklich angekommen seien, über welche Orte und mit welchen Waaren, an die nicht unbesorgten Inquisiten. Darauf erkundigte er sich nach dem Verhalten der auf dem durchzogenen Striche nomadisirenden Kirgisen und ließ sich zuletzt mit dem Karawan-Baschi in ein Privatgespräcb über Kuldscha ein, indem er diesen nach mehreren ihm bekannten Mandarinen aus der Provinz Ili fragte. Das Benehmen des Amban war überhaupt ein sehr artiges, und zum Schluß wünschte er den Verhörten gute Geschäfte. Damit hörten die Plackereien auf, hauptsächlich wohl in Folge der von dem Akssakal eingelegten Bürgschaft, doch legten die Chinesen ihr Mißtrauen nie vollständig ab.

Als Andschaner waren unsere Karawanenhändler ganz vom chokandschen Akssakal abhängig. Derselbe hatte über die in Kaschgar wohnenden Fremden zu gebieten und selbst seine eigene Polizei, deshalb war es nöthig sein Wohlwollen zu erhalten und sich überhaupt eng an die fremde Kaufmannschaft anzuschließen. Die Mitglieder der Karawane, größtentheils aus Margilan und Buchara stammend, fanden in Kaschgar Verwandte und Bekannte; diese waren meistens begütert und standen in Ansehn bei den chokandschen und kaschgarischen Behörden, so daß es mit ihrer Hülfe nicht schwer fiel, mit dem Akssakal und den kaschgarischen Beks in freundschaftliche Beziehungen zu treten. Gleich nach Beendigung der chinesischen Verhöre begaben sich die Kaufherren der Karawane zum Akssakal, um ihm ihren Dank zu bezeugen und das übliche Geschenk darzubringen. Dieses war an sich nicht bedeutend, übertraf aber doch die sonst gewöhnlichen Proportionen, und so war der Akssakal hocherfreut und versprach den Gebern seine immer bereite Protektion. Mit dem Sohne desselben, der die Geschäfte eigentlich verwaltete, befreundeten sich unsere Andschaner aufs Innigste, namentlich indem sie ihm oft im chokandschen Geschmack gehaltene Schmäuse, Basm, gaben, von denen er ein großer Verehrer war. Gegenseitige Geschenke und Bewirthungen brachten die Karawane in freundschaftliche Verhältnisse mit allen mehr oder weniger bedeutenden Persönlichkeiten. Selbst die kaschgarischen Beks, die zwar ihr chinesisch-vornehmes Wesen insofern bewahrten, als sie nie die Karawanenherren in ihrem Quartier besuchten, traten doch öfter in deren Läden ein und luden sie zum Thee zu sich. Oft auch

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_169.jpg&oldid=- (Version vom 23.12.2022)