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Gaitschan, wo sich ein besonderer Ssarai für Fuhrleute befindet, und fuhr zur Stadt hinein, wo bei einem Bekannten abgestiegen wurde. Da in Janyssar viele andschanische Kaufleute ansäßig waren, mit denen die Reisenden in Kaschgar Bekanntschaft gemacht hatten, so wurden sie hier zwei Tage lang festgehalten, um mit solennen Mittags- und Abendmahlzeiten bewirthet zu werden. Endlich konnten sie am dritten Tage nach eingenommenem Mittagsmahl die Reise fortsetzen, erreichten jedoch bis zur Nacht nicht mehr die Station Toplyk, sondern mußten einige Werst vor derselben ins Nachtquartier gehen. Am 26. brachen die Reisenden früh auf, um in einem forcirten Marsche noch die dritte Station Kokrowat zu erreichen, was ihnen freilich nicht gelingen sollte. Das Land von Janyssar bis zur ersten Station ist dicht bevölkert, der Weg geht durch Waldpartieen, an Meierhöfen (Chutors) vorüber, setzt über eine Menge Flußläufe und Bewässerungscanäle. Wenn man sich der zweiten Station Kisyl nähert, so wird die Bevölkerung allmählich dünner, und die Umgebung dieser Station stellt sich schon als öde, unfruchtbare Steppe dar. Oestlich von Kisyl liegt die Sandsteppe Kum-Schaidan, die dem Muselmann geheiligt ist. Hier geschah nach der Ueberlieferung eine Glaubensschlacht, in welcher der Anführer der Gläubigen Arslan-Chan-Gasi fiel. Die auf dem Grabe desselben errichtete Grabkapelle wird von allen frommen Muselmännern besucht, welche nach Kaschgar und Jarkand kommen. Die Station Kokravat ist eine Oase, welche von Baumgruppen beschattet ist und etwa 30 Häuser zählt. Jenseit Kokrawat beginnen Sandwüsten, die ein hügeliges Terrain in der Richtung von W. nach O. bilden; auf dem Wege liegen mehrere Seen mit bitter-salzigem Wasser, an deren Ufern Schilf wächst. So der Bericht Walichanof’s, welcher hier nicht mehr aus persönlicher Beobachtung spricht. Kaum nämlich war er mit seinen Begleitern einige Werst über die Station Toplyk hinausgekommen, so erreichte sie ein nachgesandter Bote aus Kaschgar, welcher von den zurückgebliebenen Freunden die Bitte überbrachte, schleunigst dorthin zurückkehren zu wollen, es sei die Nachricht von der Einnahme Chokands durch Malimbek angelangt, und die Stadt Kaschgar durch das Gerücht von der gleichzeitigen Flucht des Chodscha Walichan-Türe[1] in große Aufregung versetzt. Diese Meldung bestimmte die Reisenden zur sofortigen Umkehr.

Bald nach Ankunft derselben in Kaschgar traf hier auch als Repräsentant des neuen Herrschers von Chokand ein neuer Akssakal ein, der seine Wirksamkeit damit begann, daß er seinen Vorgänger


  1. Desselben, der den Aufstand von 1857 angezettelt hatte und der Mörder Ad. Schlagintweit’s war.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)