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Es scheint mir hier ebenfalls am Platze, die sonderbaren Verwechslungen in der Bezeichnung für die verschiedenen Himmelsrichtungen zu erwähnen, die sowohl zwischen Tedā und Kanuri stattgefunden haben, als auch der Tibbusprache in ihren verschiedenen Dialecten nicht fremd geblieben zu sein scheinen.

Ganz einig sind die Tedā mit den Kanuri nur in der Bezeichnung von Süd, das im Kanuri „ānem“ oder „anum,“ und im Tedā „onúm“ oder „oném“ heißt. Yálā ist zwar ebenfalls bei allen Theilen gebräuchlich, doch während es das einzig richtige Kanuri-Wort für „Nord“ ist, taucht außer ihm im Tedā noch „mā“ auf, was Barth sogar allein für diese Himmelsrichtung angab. In Tibesti hörte ich zwar allgemein gebräuchlich nur „yálā,“ doch gab es Individuen, denen „mā“ in der Bedeutung „Nord“ nicht unbekannt war; Andere erklärten es für Ost.

„Yálā“ für „West,“ welches Barth neben „dī“ gab, ist mir zwar ebensowohl als Rohlfs gänzlich unbekannt geblieben, beruht aber vielleicht nur auf einem Irrthum des berühmten Forschers, der seine Studien der Tibbu in Bornu und Kanem machte.

Für Ost hat die Kanuri-Sprache nur „gedī,“ während die Tibbu diese Himmelsrichtung mit „fōtō“ bezeichnen; und umgekehrt nennt jene West „futē“, und diese haben dafür den Ausdruck „“.

Für jetzt kann ich zur Erklärung dieses sonderbaren Umtausches (sowohl Barth als Rohlfs geben analoge Thatsachen bei anderen Völkerschaften an) keine Hypothese liefern; doch scheint es mir von Wichtigkeit, wie schon Rohlfs sagt, zur etwaigen Aufklärung über frühere und ursprüngliche Wohnsitze oder Verbindungen mit andern Völkern, diesen Punkt nicht aus den Augen zu verlieren. Es würde leichter sein, diesen sprachlichen Wirrwarr zu klären, wenn irgend welche Traditionen über Herkunft, Abstammung und Geschichte bei den Tibbu selbst aufbewahrt geblieben wären.


Ethnographische Stellung der Tibbu.

Wir rechnen als zur Familie der Tibbu gehörig, außer den Einwohnern von Tu, Wãnja und Borgu noch die anna Áno (Terráuīa) in Ennedi; die Zorhaua nördlich von Dar Fōr; die Goraʿan nördlich von Wadaï und Kanem; die Dāsa nördlich vom Tsad-See; die Gemeinden in Fezān (Gatrōn, Bachi, Medrussa in Tedžerri), die jedoch kaum seßhaft genannt werden können, und die Bewohner Kauar’s, welche beide den Tibbu Rešāde angehören; endlich die zahlreichen Stämme und Stämmchen, welche im Norden von Bornu, Kanem und Wadaï und in diesen Ländern selbst wohnen, und die theilweise in den Collectiv-Bezeichnungen

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_220.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)