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ihnen alle Kameelnahrung außer den Datteln. Doch was ihnen an Zahl abgeht, ersetzt zum Theil die Qualität. Die Tibbu Rešāde haben die schönsten Kameele, die ich je sah, wenn von Schönheit bei diesen Thieren die Rede sein kann. Höher, schlanker, schneller, gelenker als ihre arabischen Brüder, sind sie zum Reiten und zum schnellen Reisen ungleich geeigneter, als diese. Es ist bewunderungswürdig, mit welcher Sicherheit und Leichtigkeit sie in ihren heimischen Bergen herumklettern, und nicht übertrieben, wenn der Scheikh Mohammed-el-Tunsi sagt, daß die Tibbu auf ihnen, wie auf Pferden, manövrirten. Sie werden nicht durch einen Zügel gelenkt, der ihren schlaffen Nasenflügel einerseits durchbohrt, sondern tragen eine eiserne Klammer, welche jedoch nicht preßt, auf der Nase. Wenn es unmöglich ist, ihnen mit arabischen Kameelen zu folgen, so haben diese jedoch den Vortheil stärker, vierschrötiger, zum Lasttragen geeigneter und bei gleicher Nahrung ausdauernder zu sein.

Außer den Kameelen haben sie zur Arbeit noch schöne, starke Esel, welche bei der beschränkten Anzahl der ersteren sehr nothwendig, für die Bardaïer aber ganz unentbehrlich sind.

Ihr Hauptreichthum besteht in ihren großen Ziegenheerden, die zwischen den Felsen herumkletternd stets Nahrung genug für ihre bescheidene Existenz finden, und bei günstigen Nahrungsverhältnissen, d. h. bei häufigem Regenfall, sogar sich zu dauernder Milchsecretion aufschwingen. Sie sind klein, doch kräftig, ganz glattharig und meist dunkelfarbig.

Seltener und viel geschätzter sind die Schafe, die sich sehr wesentlich von ihren Mitschafen anderer Länder unterscheiden. Sie haben einen langgestreckten Ziegenkopf, sind sehr hochbeinig, haben einen langen, dünnen Schwanz, der fast bis auf den Boden reicht, und den besonderen Schmuck eines langen, schwarzen, glänzenden Haares anstatt der Wolle. Ein Fell dieser schönen Thiere genügt zu einem Wintermantel oder Kleide für den Menschen. Leider sind sie in Tibesti selten (die meisten finden sich noch in Bardaï), während die Magátna, die nordöstlichen Nachbarn der Tibbu Rešāde, Ueberfluß daran haben sollen.

Pferde und Rinder, welche beide in früheren Zeiten dieser Gegend nicht fremd gewesen zu sein scheinen, finden sich nur noch bei den Dirkomauïa, welche die Gegend des Enneri Dummór bewohnen und die, wenn sie auch politisch zu den Tibbu Tibesti’s gezählt werden, doch besonders betrachtet werden müssen, und zwar auch hier nur in sehr beschränkter Anzahl. Was die Rinder betrifft, die früher in diesen Breitegraden die Kameele vertreten zu haben scheinen, so habe ich eine Tagereise westlich von Bardaï, im Enneri Udēno Erinnerungen

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_231.jpg&oldid=- (Version vom 3.2.2020)