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Langsdorff auf seiner Reise durch Brasilien fand im Jahre 1822 noch ein großes, sehr bevölkertes Dorf derselben, gegenüber der Mündung des Tieté in den Paraná, und ein Begleiter von Langsdorff, der noch jetzt in Brasilien lebt, schilderte mir die Cayapos von damals als sehr tiefstehend im Vergleich mit anderen Indios, nackt und schmutzig in elenden Hütten ohne allen Hausrath wohnend.

Ich besuchte auf meiner Reise, ehe ich die Cayapos selbst sah, diesen Platz; es war ein öder Camp, auf dem keine Spur mehr von ihrem verlassenen Dorfe zu finden war. Das Dorf hatte übrigens eine ausgezeichnete Lage gehabt, indem es in der Nähe zweier großer Wasserfälle, des Itapura im Tieté und Urubupunga im Paraná, wo die schönsten Fische sich, namentlich zur Laichzeit, förmlich aufdämmen, ihnen allein durch Fischfang reichliche und leichte Nahrung bot. Meine Begleiter meinten, daß die Cayapos diesen ausgezeichneten Platz nur verlassen hätten, weil mit der Zeit die Schifffahrt der Brasilianer auf dem Tieté und Paraná zu lebhaft geworden und sie durch die häufigen Besuche der Brasilianer zu oft in ihrer trägen Ruhe gestört worden wären.

Von Sta. Anna de Paranahyba aus, einem kleinen Städtchen in der Provinz Matto-Grosso unterm 20° südl. Br. und ca. 100 deutsche Meilen von der Küste entfernt, machte ich dann mit zwei zuverläßigen Begleitern einem Dorfe der Cayapos, welches ungefähr 12 Meilen von Sta. Anna entfernt war, einen Besuch. Man hatte mir gesagt, daß die brasilianische Regierung den Cayapos dort ein großes Stück Land zum Wohnsitz angewiesen habe, daß sie sich dort in der Nähe eines großen Wasserfalls des Rio grande niedergelassen und mit den Brasilianern in freundschaftlichem Verkehr ständen, Indios manços wären, einige von ihnen auch schon als Schiffer bei Brasilianern gedient hätten und daher etwas Portugiesisch verständen, namentlich ihr Capitaõ.

Wir kamen nach zweitägiger Reise Nachmittags gegen 4 Uhr in ihrem Dorfe an, welches am Rande eines Waldes auf dem Campo lag und aus einigen zwanzig kleinen Lehmhütten mit Palmenblättern gedeckt, bestand, ähnlich denen, wie sich die ärmste Klasse der Brasilianer zu machen pflegt.

Das Dorf mochte einen Raum von vielleicht 400 Quadrat-Ruthen einnehmen; ziemlich in der Mitte war ein von allen Seiten offener Schuppen zu sehen.

Schon aus der Ferne hatten wir ein reges Leben im Dorfe bemerkt, und als wir näher kamen, sahen wir auf dem freien Platz vor dem Schuppen einen nackten, nur mit einem Schurz bekleideten Cayapo und an jeder Seite von ihm drei Frauen, einen Tanz aufführen

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_245.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)