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Salt und Fuhais. In der Nordhälfte bis zum Jarmûk trafen wir freilich auf den von uns durchzogenen Straßen eine größere Zahl bewohnter, größtentheils sehr ärmlicher und kleiner Ortschaften, als verlassene, aber nur 4 oder 5 derselben können als aus dem Alterthum herrührend gelten. Uebrigens war dieses von Fellachîn bewohnte Gebiet dem Beduinenlande im Süden kaum überlegen an Umfang des Anbaus; die Gerste-, Weizen- und Linsenfelder, welche durchschnittlich wohl die Hälfte des anbaufähigen Bodens einnehmen, standen jetzt überall im frischesten Grün. In beiden Landeshälften trafen wir überdies, im schärfsten Gegensatze zu dem baumleeren, schattenlosen, wasserarmen Westjordanlande, in den Thälern an rauschenden Bächen, wie auf den Höhenrücken ziemlich ausgedehnten Baumwuchs, allerdings nur auf zwei Arten: Terebinthe und Knopper-Eiche (Valonea) beschränkt, und nur ausnahmsweise von höherem Wuchse, als 30–40 Fuß, häufig auch zerstreut über weite Lichtungen, stellenweise doch aber auch, mitunter auf Stundenlänge, dichten Waldschatten gewährend – eine im Westen des Jordans völlig unbekannte Erscheinung. Das allgemeine Ergebniß der Configuration des Landes: ausgedehnte Hochebenen, von Dimensionen, wie sie im Westjordangebiet nirgend annähernd vorkommen, mit gegen Westen tiefer, gegen Osten meist sehr flach eingeschnittenen Thälern, darüber relativ unbedeutend ansteigend flache Höhenrücken von einer Axenrichtung, übereinstimmend mit derjenigen der Hauptthäler, welche sich zu derjenigen der gesammten Massenerhebung diagonal verhält, nämlich zwischen SW. und NO. verlaufend, – wird sich erst mit Hülfe der kartographischen Ausarbeitung des gesammelten Materials, wozu mir jetzt Muße und Gelegenheit fehlt, deutlich erkennen lassen. Gegen das nördliche Ende unseres Forschungsgebietes, im Südosten des Genezareth-Sees tritt statt der eben bezeichneten Linie vorherrschend ostwestliche Spaltenrichtung der Nebenthäler des Jordan auf, theilweise, wie am Wadi Jabis, bei Tibne, bei Gadara, durch sehr schroffe, felsige Abhänge die Communication in nordsüdlicher Richtung erschwerend. Von Gadara über die flacheren westöstlichen Höherücken längs den Spuren der alten Römerstraße auf die nur stellenweise fruchtbare, aber höchst eintönige Hochebene um Bêt-Râs, Irbid, el-Hosn, Remtha und Mzerîb gelangt, aus welcher die Quellen des größten Nebenflusses des Jordan, des Kherîat-el-Menâdire (oder Jarmuk der Alten) zusammenfließen, wünschte ich diesem bis jetzt nur hypothetisch bekannten Flußlaufe bis zur Mündung in den Jordan zu folgen, eine Aufgabe, die wegen der Unbekanntschaft meiner arabischen Begleitung mit den Oertlichkeiten, und wegen der natürlichen Gestaltung des Bodens selbst, die keinen regelmäßigen, namentlich für die gepäcktragenden Maulthiere gangbaren Weg zulassen, nicht ohne Schwierigkeit ausgeführt werden konnte. In den beiden ersten Wegstunden von Mzerîb westlich erschwert das Fortkommen der unerwartete Wasserreichthum der aus tiefem thonigen Erdreich bestehenden, von zahlreichen Bewässerungscanälen durchschnittenen, scheinbar weit nach Westen ausgedehnten und nur am nördlichen Horizont von dem zur halben Höhe beschneiten Hermon überragten Hochebene; denn in dem Dörfchen Zezun angelangt, standen wir plötzlich am obern Ende einer 6–800 Fuß tiefen Felsschlucht, in welche sich die gesammelten Gewässer der Ebene in mehreren Cascaden-Absätzen hinabstürzten; auf halsbrechenden Felsenpfaden ging es auf den Thalboden hinab, der vielfach an allzuengen Stellen wieder umgangen werden

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)