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Handel treiben, blieben frei von Auflagen, während der Arme, wenn er einige Dattelbäume besaß, über Gebühr litt. Man theilte die Bäume in Klassen, je nach ihrer Tragfähigkeit, und löste so von ½ türkischen Piaster bis zu 1½ vom Baume. Von Zeit zu Zeit erschien ein Beamter von Seiten der Central-Regierung zu Tripoli und nahm mit Hülfe der Mudir oder District-Vorstände den Bestand und die Classification derselben auf. Die endliche Erkenntniß der Ungerechtigkeit dieser Besteuerung und die geringen klingenden Resultate derselben erzeugten den jetzt einzuführenden Modus, der die beiden genannten Systeme combinirt. Die Dattelpalmen sollen in Etwas entlastet und das Vermögen im Allgemeinen mit herangezogen werden. Dies klingt allerdings im Principe viel gerechter und natürlicher, als das einseitige, bisherige System, jedoch wozu nützt alle Gerechtigkeit in der Idee, wenn die Ungerechtigkeit in der Ausführung derselben dominirt?

Aus dem bisherigen Systeme schöpfte[WS 1] die Regierung durchschnittlich 600,000 türkische Piaster, ungefähr 150,000 Frcs., zu denen aus dem Erlös der dem Staate gehörigen Datteln noch höchstens 15–20,000 Frcs. kamen. Dies stellte die Gesammteinkünfte der Provinz dar, und wurde zur Bezahlung der Gehälter der Beamten, zur Unterhaltung der Garnison und zu gemeinnützigen Ausgaben verwendet. Selten oder nie gelangte auch nur ein Piaster davon nach Tripoli. Das neue System wird vielleicht momentan etwas mehr aus den geduldigen Fezānern pressen, doch die Armuth nimmt zu und die Bevölkerung nimmt ab.

Genug, diese Arbeit beschäftigt augenblicklich noch meinen Reisegefährten Bu Aïssa, wird aber demnächst beendigt sein. Dieser Aufschub ist bedauerlich, da die Sommerhitze keineswegs eine angenehme Beigabe zu Wüstenreisen in diesen Breitengraden ist, und da wir auf diese Weise kurz vor Eintritt der Regenzeit in Bornu ankommen werden, ohne Zeit zu einer Art von Acclimatisation zu haben.

Das Ziel einer größeren Expedition scheint mir zunächst die Erforschung der Quellgebiete des Schari und Binuë und die Constatirung und Entdeckung äquatorialer Seen zu sein. Wer weiß, ob die primitiven, naiven Ideen über Zusammenhang zwischen Nil und Niger so absurd sind, als sie auf den ersten Blick scheinen?

Ein großer Erfolg würde es sein, endlich einmal die unglücklichen Grenzdistricte, über die die concentrirteren Reiche Central-Afrika’s Bornu, Wadai, Dar-Fōr ihre Sklavenjagden ergießen, zu überschreiten, und zu vielleicht harmlosen Völkerschaften zu dringen, welche noch nicht durch jene Hetzjagden verrätherisch und rachsüchtig geworden sind.

Angekommen in Bornu, werde ich mein Augenmerk auf den Süd-Osten richten, womöglich selbst nach Baghirmi gehen, um die Möglichkeit eines weiteren Vordringens zu studiren und Ihren gütigen Nachrichten entgegensehen. Sollte es gelingen eine Expedition auszurüsten, so würde mich dieselbe im nächsten Winter in Bornu finden, bereit, sofern mich Klima und andere Fährlichkeiten verschont haben werden, ihr nach Kräften zu dienen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß der glühendste Wunsch des Scheikh von Bornu ist, einen Wagen zu besitzen, und daß man bei der Wahl der königlichen Geschenke von einem solchen, wie mir


  1. Vorlage: schöpte
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_268.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)