Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 297.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Alle ihre Wohnungen, so kunstlos und einfach sie sind, zeichnen sich durch die größte Nettigkeit und Sauberkeit vor denen ihrer arabischen und fezānischen Nachbarn vortheilhaft aus. Vor der Hütte haben sie nicht selten einen gehärteten Erd- oder Lehmplatz, der frisch mit Sand bestreut wird, und die hervorragenden Männer eine Art offener Halle, ebenfalls aus Palmenzweigen geflochten, vor ihrer Wohnung, in der sie Besucher empfangen.


Industrie, Beschäftigung, Verkehr.

In der Industrie (von Kunst natürlich nicht zu reden) stehen die Tedā Tu’s auf einer sehr niedrigen Culturstufe. Sie verarbeiten ihre Ziegenhäute, welche sie mit Hülfe des Geredd (Acacia nilotica), – gubbúr (Tedā) – gerben, zu Wasserschläuchen und zur Kleidung; sie verfertigen einen geringen Theil ihrer Waffen, zu denen ihnen Borgu das Eisen liefert; sie flechten Matten aus Dūmblättern, und zwar ist dies eine Kunst der Frauen, und wissen Theer aus Knochen und Dattelkernen zu kochen.

Ihre Kameelsättel bestehen aus einem Gerüst von Talhastäben, welches durch Kissen aus Palmbast gepolstert wird; ihre Stricke drehen sie ebenfalls aus dem Baste der Palme.

Zu den Beschäftigungen, welche ihnen im Osten die Zucht der Dattelbäume und die Cultur der Gurken auferlegt und welche ihnen im Westen ihre Heerden an die Hand geben, kommt merkwürdigerweise die Jagd kaum hinzu. Ihre Thäler sind außerordentlich reich an Gazellen und Antilopen, die südlichsten haben häufige Besuche vom Strauß; der Wadān ist häufig und der Büffel kommt vor: man sollte also meinen, daß bei ihrem Ueberfluß an Zeit sich besonders die Bewohner der westlichen Thäler, deren Lebensweise und rastloser Sinn außerordentlich damit harmoniren sollte, mit Leidenschaft diesem lohnenden Zeitvertreibe hingeben würden. Sie fangen auch wohl hier und da Gazellen und Antilopen in Fallgruben und Schlingen oder jagen sie mit Windhunden; doch sind sie weit entfernt, sich der Jagd als nationalem Vergnügen hinzugeben. Ihr energischer, rastloser Sinn bat nur ein Auskunftsmittel gefunden, die Zeit mit einigem Nutzen zu verbringen, und das ist „Reisen“. Sie sind entweder selbst Kaufleute, doch dann sicherlich in sehr bescheidenem Maßstabe, oder sind mit ihren Kameelen unterwegs, dieselben von Fezān nach Kauar, von Kauar nach Bornu und zurück vermiethend. Kleinere kaufmännische Reisen unternehmen sie nach Borgu, Wadjanga, Ennedi, zu den südlichen Tibbu im Norden Kanem’s und Bornu’s oder zu den Arabern jener Gegenden (Mahāmid-Uelād Slimān).

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 297. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_297.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)