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Die ursprüngliche Religion der Einwohner der Paumotu war der der Tahitier und Rarotonganer sehr nahe verwandt. In Mangarewa wurden verschiedene Gottheiten (Atua) verehrt, darunter auch Tangaroa, der in allen polynesischen Inseln allgemein als Hauptgott angesehen wurde, jedoch auch hier wie allenthalben keine vorzügliche Verehrung erhielt; unter den übrigen Göttern wird auch Korungo genannt, der hier für einen Gott des Regens galt, und auch in Rarotonga ein bekannter und hoch verehrter Gott war[1], und so werden auch die übrigen Götter der Rarotonganer hier anerkannt gewesen sein[2]. Daß aber daneben auch wie in allen polynesischen Inseln der Kultus der zu Göttern erhobenen verstorbenen Vornehmen bestanden hat, beweiset schon die Zahl der verehrten Götter, die so groß war, daß z. B. in Hao einem Beobachter fast jeder Eingeborene einen besonderen Gott zu haben schien[3]. Die Einrichtung des Tabu mit allen ihren Beschränkungen herrschte auf diesen wie auf allen polynesischen Inseln. Es gab Bilder der Götter, in Mangarewa ganz künstlich aus Holz geschnitzt, in den Laguneninseln einfacher, in Hao bloße Stücke Holz oder Knochen mit einer Locke Menschenhaar daran; diese Bilder standen in Tempeln, die in Mangarewa große mit Sorgfalt und Geschick gebaute Häuser waren, (wie in Rarotonga), in den Laguneninseln den tahitischen Tempeln glichen und wie diese den Namen Marae führten. In ihnen brachte man den Bildern Opfer, besonders aus Lebensmitteln aller Art; daß auch Menschen geopfert sind, würde man, wenn es auch nicht ausdrücklich erwähnt würde, aus der Anthropophagie schließen müssen, die ohne Zweifel damit in Verbindung stand. In Mangarewa feierte man zu gewissen Zeiten große Feste, welche Tirau hießen; dergleichen fanden auch bei der Bestattung vornehmer Personen statt. Wie in allen polynesischen Inseln gab es Priester, in Mangarewa auch Oberpriester von bedeutendem Einfluß; wenn aber diesen zugleich als solchen eine politische Bedeutung beigelegt wird, so scheint das auf einem Mißverständniß zu beruhen.

Mit der Verehrung der nach dem Tode in die Zahl der Götter aufgenommenen Menschen hängt auch die große Achtung zusammen,


  1. Er ist ohne Zweifel identisch mit dem Roo der Tahitier und dem Lono der Hawaiier.
  2. Wenn katholische Missionsberichte von der Verehrung eines Gottes Varua kino sprechen, so zeigt schon die Bedeutung des Wortes (es heißt: böser Geist), daß hier christliche Anschauungen in die Berichte über die Heidenzeit verwebt sind. Eben so beruht der angebliche Todesgott Tupapau in Hao, von dessen Kultus der Verfasser der Rovings spricht (Bd. I. p. 243), auf einem Mißverständniß; jenes Wort bedeutet in Tahiti die Gestelle, auf denen man die Leichen beisetzte.
  3. Beechey. Vol. I. p. 179.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 404. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_404.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)