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hiesigen Orte lebenden und des Russischen mächtigen Sarten nur sehr gering ist, sowie die confusen und oft sich widersprechenden Angaben russischer Händler, so wird man einsehen, daß das Einsammeln richtiger Notizen über den dortigen Seidenbau sich nur mit der größten Vorsicht und Mühe ermöglichen ließ. Bevor ich nun zu dem eigentlichen Thema übergehe, sei es mir gestattet, einige Bemerkungen über Samarkand vorauszuschicken.

Samarkand liegt nach den neuesten Bestimmungen Carl Struve’s 39° 38′ 45″ nördl. Br. und 36° 37′.00 östl. Lg. vom Meridian von Pulkowa; seine Meereshöhe, welche noch nicht genau gemessen ist, beträgt etwa 1800 engl. Fuß. Der Serafschan (der goldführende Fluß) fließt 5 Werst nördlich längs der Clinpan-Atà (heiliger Hirt) genannten Hügelkette, an deren Südabhange die Stadt erbaut ist. Der Serafschan kommt aus dem Iskander-Kul (Alexander-See), welchem mit ewigem Schnee bedeckte Berge umgeben, jedoch ist es bis jetzt noch keinem Europäer gelungen bis zu seinen Quellen, die man nur aus den Erzählungen der Einwohner kennt, vorzudringen; es wird aber in nächster Zeit eine wissenschaftliche Expedition dorthin aufbrechen. Wie bekannt, knüpfen sich in ganz Centralasien zahlreiche Legenden an den Namen Alexander des Großen, der hier als Iskander Sulcarmin (der doppelgehörnte Alexander) gleich einem Heiligen noch verehrt wird; Nachkommen der Roxane sollen der Sage nach in Karatigen am Kurkam, einem Nebenflusse des Amu-Daria etwa 500 Werst von Samarkand, noch existiren. – Nach der Aussage der Eingeborenen soll der Serafschan zuerst in nördlicher Richtung bei dem Dorfe Sarbuda (?) vorbeifließen; dann bei Barsiminer (?) seine Richtung nach Westen ändernd fließt derselbe bei Urmitane (?) vorbei und betritt bei dem Dorfe Daschti-Kasi durch einen 80 Werst von Samarkand gelegenen Engpaß das bereits durchforschte russische Gebiet. Auf einer Strecke von 45 Werst ist sein Lauf noch durch Berge eingeengt, welche gegen das Nordufer steil, gegen das Südufer jedoch weniger steil abfallen; dann fließt er bei Pendschkend (die fünf Dörfer) vorbei und tritt endlich bei Firman-Tepe (Firmanhügel) in das weite Thalbecken, in dessen Mitte Samarkand liegt. Dieses etwa 100 Werst weite Becken wird östlich von dem Schunkar-tau begrenzt, welcher sich bei Firman-Tepe ausdehnt und das Thal des Serafschan von dem des Ssonsas (Goldstein) trennt. Das Thal, durch welches letzterer Fluß fließt, liegt wahrscheinlich in derselben Richtung wie das des Serafschan. Bei Jany-Kurgan, einem Dorfe 70 Werst von Samarkand (37° 11′.50 östl. Lg. von Pulkowa; 40° 6′.50 nördl. Br.), wendet sich der Ssonsas nordwestlich, stürzt sich brausend durch den Paß von Dschilan-uti (Schlangenpaß), von den Russen „Tamerlan-Thor“

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_408.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)