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den Vermuthungen von Sachverständigen in der Sprachforschung nicht unwahrscheinlich, daß die Wurzel Zui mit dem griechischen Ζεῦς zusammenhängt.“ – Ich wünschte aber wohl diese „Sachverständigen in der Sprachwissenschaft“ kennen zu lernen, welche einer so scholastischen Etymologie fähig sind. Wie bekannt, gehört das Griechische, in dessen Lexicon wir das Wort Zeus finden, den sogenannten Indogermanischen Sprachen an; und diese sind flectirende Sprachen. Die Verehrer des Tsűï-ǁgoab (Zuigoab) aber reden, abgesehen von den ihnen ureigenthümlichen Schnalzen, eine agglutinirende Sprache, z. B. Khoi Wurzelbegriff. Khoi-b, der Mensch, eigentlich Mensch-er; Khoi-s, Frau, eigentlich Mensch-sie; Khoi-si, menschlich, eigentlich mensch das, adj.; Khoi-si-ga-gu, sich heirathen, auch Freundschaft schließen, eigentlich mensch-das-da-sein gegenseitig.

Derselbe Vorwurf nun, der einen Naturforscher treffen würde, der es wagt, einen Elephanten und eine Maus, oder einen Pavian und einen Walfisch in verwandschaftliche Beziehung zu bringen, trifft den Verfasser des Aufsatzes „Die Ovaheró“, wenn er Zeus und (Zui-goab) Tsűï-ǁgoab identificiren will. Man kann nicht zwischen Worten, die den agglutinirenden und flectirenden Sprachen angehören, Wurzelvergleichung anstellen. Doch auch diese Unmöglichkeit will ich Herrn Josaphat Hahn belassen, und er befindet sich dennoch betreffs seiner Zeus-Zűï-ǁgoab-Etymologie in großem Irrthum. Das Griechische Zeus und das Sanskritische Dyaus sind identisch und haben die gemeinsame Wurzel div, welche glänzen, strahlen bedeutet, demnach ist Dyaus oder Zeus der „Glänzende“, „Strahlende“. (Vergl. Dr. Max. Müller, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache, deutsch von Dr. Carl Böttger. Leipzig 1866. II. Serie. Vorlesung X. p. 386 ff. Jupiter, der höchste Arische Gott.)

Der Hottentotische Tsű-ï-ǁgoa-b aber strahlt nicht, wenngleich ein spitzfindiger Casuist anführen möchte, er schmiere sich nach Sitte des Hottentoten mit Fett ein. Der Name zerfällt in zwei Stoffwörter. Tsű, auch mundartlich Tsu, zű, zu, tu oder ti und ǁgoa, ǁkoa, oder ǁkhoa und ǁkhõa. Das erstere bedeutet „schmerzlich“ und tsű-ï heißt demnach: schmerzlich-seiend d. h. wund. ǁGoa dagegen bedeutet „knieen“, und ǁgoa-b bedeutet knieen-er d. h. das Knie. Demnach heißt Tsűï-ǁgoab „Wundknie“, und wie Appleyard in seiner obenangeführten Kafirgrammatik p. 13 richtig bemerkt, erzählen die Hottentoten, daß Tsűï-ǁgoab ein alter berühmter Zauberdoctor (nach andern ein Häuptling) gewesen sei, welcher seinen bösen Feind erlegt, von diesem aber einen Schlag an das Kniee erhalten habe, woher er den Namen „Wundknie“ bekommen habe.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 455. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_455.jpg&oldid=- (Version vom 6.5.2018)