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als seinen Tributär wieder einsetzen wird, weiß man noch nicht. Die Araber scheinen das letztere zu glauben.

Einer meiner hiesigen Bekannten aus Ḥadhramaut knüpfte an das oben erwähnte Ereigniß für mich die Hoffnung, vielleicht unter der Aegide des Eroberers nach dem Wâdý Do῾ân reisen zu können; die nächste Zukunft wird lehren, ob er sich nicht geirrt.

Die ganze Truppe des Kesâdy ist noch mit Luntenflinten bewaffnet. Darauf bezieht sich auch das neueste Kriegslied Südarabiens, welches mit dem Vers beginnt:

Ruft den Kesâdy, ihr Volk der Feuerfäden und Lunten,
Damit er komme die Eselsköpfe zu züchtigen.

Die „Eselsköpfe“ sind natürlich die Leute von Do῾ân und Choraybe. Was sie gethan, um den Zorn des Negîb auf sich zu laden, wußten mir meine Gewährsmänner nicht zu sagen.

Ebensowenig konnte ich von ihnen über die Länder Mahra und Qâra (gesprochen Gara), welche das eigentliche Ziel meiner Reise bilden sollen, erfahren. Ein alter sonst wohlunterrichteter Mann, den ich über das Eḥkyly, die interessante altarabische Sprache jener Stämme ausfragte, behauptet sogar, die Mahriten sprächen das Somâly (die Sprache der afrikanischen Küste, Aden gegenüber). Dies ist offenbar falsch. Es ist überhaupt merkwürdig, wie schlecht die Araber oft über die ihnen zunächst gelegenen Provinzen unterrichtet sind, während sie manchmal von ferneren mehr wissen, namentlich wenn diese dem größeren Verkehr zugänglicher sind. Von ihrem Grenzland Mahra wußten diese Ḥadhramauter nichts, wohl aber waren sie über die neuesten Ereignisse des viel entfernter gelegenen ῾Omân unterrichtet. Auch dort haben seit Palgrave’s Reise schon viele Wechsel stattgefunden. Der Sultan Thowayny, den Palgrave kannte, wurde von seinem Sohne Selîm ermordet. Selîm, den England als Sultan anerkannt hatte, wurde vor zwei Jahren von seinem Schwager Ḥasan ben Qays (Ghez) entthront und dieser regierte seitdem ungestört, obgleich ihm England die Anerkennung verweigerte. Diesen Sommer ist nun in einem gewissen Sayd Tarky ein glücklicher Rival und Rebell gegen Ḥasan aufgetreten. Sayd Tarky, vom Sultan von Zanzibâr unterstützt, rekrutirte in Bombay eine kleine Armee, hielt sein Lager bis Ende August in Kohy Mobârik an der Beludschenküste und segelte dann nach Çûr beim Râs el Ḥadd (östlichstes Vorgebirge von Arabien), wo er seine Truppen landete und gegen Ḥasan führte. Dieser war zur Zeit auch wegen der Empörung des wichtigen Stammes der Na῾ym bei Biyr ῾Ayme in großer Verlegenheit. Auch der Stamm der Al Sa῾ad soll sehr unzufrieden sein. Nach den letzten Nachrichten soll Ḥasan in Person gegen Biyr ῾Ayme, und sein Chalyfa (Statthalter) gegen Sayd Tarky ausgerückt sein. Man erwartet allgemein den Fall Ḥasans und daß Sayd Tarky der künftige Souverän ῾Omân’s sein wird.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 467. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_467.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)