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sich die peruanische Vorgeschichte, die Montesinos auf so viele Revolutionen zurückführt, kaum aufhellen lassen. Die Wasserbauten, die Mesopotamien einst in einen Garten verwandelten, liegen zerfallen, und die jetzigen Bewohner dort würden uns ebensowenig von den Chaldäern viel erzählen können, wie die aegyptischen Fellahs von den Pharaonen. Schon manches Cultur-Reich ist in Wüsteneien verschwunden, und manche „deserta Bojorum“ sind wieder mit hoffnungsvoller Saat bepflanzt. Die Böhmen sehen ihren Repräsentanten in Czech, der seine Kinder tragend ins Land kam, in’s Passauer-Land dagegen (obwohl derartig verwüstet ut absque habitatione terra episcopi solitudine silvescat) traten die Colonisten zu einer Zeit, wo sie im Zusammenhang mit größeren Volksganzen blieben und deshalb nicht daran dachten, sich durch Partialhistorien abzuscheiden. Auf der andern Seite liebten es die im hohen Norden isolirten Republicaner, ihr Island als jungfräulichen Boden zu betrachten, auf dem man die Spuren eines Thule sowohl wie irischer Papas vertilgte, und ebenso gehen die Wandersagen der Maori mit Stillschweigen über den eingeborenen Stamm Ngatipowa’s hinweg, obwohl sie ihn nicht ganz verdecken können. Die Beziehungen zwischen Fidji und Tonga sind uns in den Phasen ihrer letzten Wandlungen genau bekannt geworden, und die weiteren (nicht nur unfreiwilligen) Fahrten der Polynesier sind seit Cook’s Zeit Jedem geläufig. Die Möglichkeit dessen, was vor ihm geschehen sein könnte, wird Niemand auszählen wollen, und kein Vernünftiger kann ernstlich daran denken, aus den Genealogien schriftloser Völker auf mehrere Jahrtausende zurückrechnen zu wollen oder aus sprachlichen Veränderungen, so lange uns noch das erste A-B-C zum Lesen der darin waltenden Gesetze fehlt. Oft sehen wir Völker für Jahrhunderte auf gleichem Niveau verharren, oft erfüllen sich innerhalb eines Jahres Umwälzungen, die Alles neu gestalten, und in der langen Reihe von Jahren, die wir von Ninus und Menes bis auf unsere Zeit als Weltgeschichte betrachten, mag auch Polynesien von einer gleich wechselvollen Fülle der Ereignisse betroffen sein. Die Besiedlungen unbewohnter Inseln, von denen die Traditionen reden, waren ebenso häufig Wiederbesiedelungen, und Katastrophen, von denen kein Lied die Kunde meldet (caret quia vate sacro), bezeugen jene alten Baudenkmale, die die europäischen Seefahrer auf völlig menschenleeren Inseln angetroffen haben, wie auf Pitcairn, (ähnlich denen auf Rapa, Tahiti u. s. w.). Von des Sänger’s Fluch betroffen, sind sie „vergessen und versunken“ in unerreichbare Tiefen hinab, denn der begünstigten Völker sind wenige, denen ein Homer ihre Vorgeschichte rettete. Die vielfachen Motive, die aus asiatischer sowohl, wie aus amerikanischer Cultur in Polynesien zerstreut liegen,

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_493.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)