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Reisen in Hhadramaut sind durch eine ausführliche Vorrede eingeleitet, worin Vieles die mitwirkende Hand unseres großen Geographen erkennen läßt, dessen Karte über Arabien auch von d’Avril bei seinem Werke benutzt wurde. Die Wüste des mythischen Königs Saffi wurde von Munzinger berührt, als er Capt. Miles auf einer Tour durch die himyaritischen Striche Arabiens begleitete.

Im Caucasus setzt Bergé seine Erforschungen fort, Abich hat seinen früheren Arbeiten geologische Beobachtungen zwischen Kur und Araxes zugefügt, Favre bespricht die Gletscher, Seidlitz Baku, Bjoeklund giebt Skizzen aus Transcaucasien, Freshfield vindicirt die von ihm bestiegenen Berge Kasbek und Elburz für Europa, als nördlich von der Wasserscheide.

Radde zeigt uns in dem schwer zugänglichen Bergvolk der Swaneten nicht etwa einen ursprünglichen Stamm, sondern vielmehr, trotz des seit dem Alterthum unveränderten Namens, ein aus fremden Elementen zusammengewürfeltes Mischvolk, dessen höchst gelegenes Dorf fast eben soviel Vertreter verschiedener Nationalitäten, wie Häuser aufzuweisen hatte. Aehnliches würde für die meisten Völkerschaften des Caucasus gelten, nicht minder für kurdische und ilijatische, für altaische, für die Berge der Xong, der Adnan, der Walachen, Schkipetaren u. s. w. Wo immer Bergfesten auf einem geschichtlich häufig erschütterten Boden aufsteigen, werden sie den natürlichen Zufluchtsort der in den Kämpfen Unterliegenden bilden und die nacheinander aufgenommenen Trümmer verschiedenartiger Stämme auf dem engen Raume des allein bewohnbaren Terrains nach einem neuen, für die Umgebung charakteristischen Typus modelliren. In Bergländern kann deshalb ebenso wenig die unberührte Wiege der Urvölker gesucht werden, wie die Quellen der Cultur, die man früher ihren Gipfeln entsprungen wähnte, die sich aber erst in den Ebenen aus vielfachen Zuströmungen gebildet haben, um dann in jenem mächtigen Flusse fortzurauschen, deren Wasser, wie die Geschichte lehrt, die Paläste und Tempel frühester Sitze der Bildung und Gesittung gespiegelt haben. So theilen auch diese Axiome das Loos so vieler anderen in den ethnologischen Hülfswissenschaften der Craniologie und Linguistik, daß sie sich als täuschende Truggebilde erweisen, und wer nun einen der Hauptpfeiler der Ethnologie nach dem anderen dahinsinken, gerade diejenigen fallen sieht, denen man am sichersten vertrauen zu können meinte, der wird kaum für gerathen finden, durch hie und da angebrachte Reparaturen ein Gebäude zu stützen, das in seinen Grundfesten schwankt. Eher scheint es angezeigt, den Sturz eines Baues zu beschleunigen, der auf andere Verhältnisse berechnet war, der aber jetzt unter der Wucht des plötzlich und massenhaft

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 519. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_519.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)