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Der Mias klettert überhaupt nur selten auf die Erde, „nur dann, wenn er vom Hunger getrieben, saftige Schößlinge am Ufer sucht; oder wenn er bei sehr trockenem Wetter nach Wasser geht, von dem er für gewöhnlich genug in den Höhlungen der Blätter findet.“ „Er geht nie aufrecht, außer wenn er sich mit den Händen an höheren Zweigen festhält oder wenn er angegriffen wird.“ Dasselbe gilt übrigens vom Chimpanse und vom Gorilla. Wenn aber ein Abenteurer wie P. Du Chaillu den Gorilla aufrecht gehend, sich wie einen angetrunkenen Rowdi vor die Brust schlagend und so den Gegner zum „Wrangen“ herausfordernd, oder wenn er ihn stehend das Gewehr des von ihm niedergeschlagenen Jägers zerbrechend beschreibt und ihn noch gar so abbilden läßt, dann lügen ebensowohl der Reisende wie auch sein Illustrateur um die Wette.

Wallace giebt ferner an, daß der Mias (gerade wie auch der Chimpanse und der Gorilla) nicht auf den Sohlen, sondern auf den Knöcheln (sollte besser heißen, auf der Rückseite der eingeschlagenen Finger) geht. Das asiatische Thier nährt sich von wilden und von Kulturfrüchten, namentlich unreifen, gelegentlich auch von Blättern, Knospen und jungen Schößlingen. Es benutzt fast jede Nacht zum Schlafen ein Nest auf einem kleinen Baume, 20–50 Fuß vom Boden, aus Blättern und Aesten bereitet. Aehnlich verfährt auch der Chimpanse und zwar sowohl der in Guinea, als auch der in Innerafrika, im Lande der Njām-Njām, lebende[1]. Wallace giebt Maße getödteter Exemplare, sowie die nach einer Photographie angefertigte saubere Holzschnittdarstellung eines weiblichen Orang.

Referent will hierbei noch bemerken, daß nach den umfassenden Untersuchungen von Th. L. Bischoff die Existenz nur einer einzigen Orang-Utanspecies, welche allerdings manche individuelle Verschiedenheit zeigen kann[2], zur Genüge dargethan worden.

Nur wenige Vertreter der gegenwärtigen Ornis haben Naturforscher und Laien so vielfach beschäftigt, wie die sogenannten Paradiesvögel. Zwar sind die alten sagenhaften Nachrichten über die früher zum nicht geringen Theile in ihrer Füße beraubten Bälgen zu uns gelangten Geschöpfe längst aus den Büchern verdrängt worden und wissen wir heute recht wohl, daß diese herrlichen Kinder der viel Absonderliches schaffenden australischen Welt nur simple


  1. Vergl. R. Hartmann: Geographische Verbreitung der im nordöstlichen Afrika wild lebenden Säugethiere. Zeitsch. der Gesellsch. für Erdkunde. Band III, S. 30 ff.
  2. Ueber die Verschiedenheit in der Schädelbildung des Gorilla, Chimpanse und Orang-Utang, vorzüglich nach Geschlecht und Alter, nebst einer Bemerkung über die Darwin’sche Theorie. München 1867, S. 33.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 542. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_542.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)