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Art. 2. Beginge er aber die That, da ihn die Unsinnigkeit verlassen hätte, ist er nicht unstrafbar; doch sind dabei alsdann fleißig in Acht zu nehmen allerhand Umstände der Zeit, Orts, Personen und anderer Ursachen, woraus dann die Urtheiler, nach erholtem Rath der Rechtsverständigen, ihn entweder zu condemniren oder zu absolviren.“ Eine ähnliche Bestimmung enthält das Eiderstedt’sche Landrecht von 1591 Th. IV. Art. 47, §10.[1] Ueber die Handhabung dieser Gesetze habe ich Nichts erfahren können.

Vor Einrichtung der Zuchthäuser gab es indessen verschiedene Arten Geisteskranke unterzubringen. Viele Privatleute behielten ihre erkrankten Angehörigen bei sich, zuweilen unter strengem Zwang, wie z. B. ein Hausmann aus Stapelholm; am 7. Nov. 1627 reichte er ein Gesuch ein, um Erlaß einer Brüche von 7 ,[WS 1] die man ihm auferlegt hatte, weil seine wahnwitzige Schwester geschwängert worden war. Er führt u. A. aus: „welche ich am ihrer Wahnwitzigkeit willen sowohl Tag als Nacht mit eisernen Banden schließen und verwahren müssen; ob ich nun zwar dieselbe dermaßen hart und fest genug verwahret gehabt, so hat sie sich doch endlich einmal in der Nacht losgewirket und davon gelaufen.“ Am 20. Mai 1647 wurde bestimmt, daß bei eintretender Vacanz in dem 1344 gestifteten Hospital zum Heiligen Geist in Neustadt eine der 43 Präbenden dem wanwitzigen Sohn eines Bürgers aus dessen unterthäniges Anhalten zu geben sei und derselbe gleich andern darin unterhalten und verpflegt werden solle; dies Verfahren war also nichts Neues. Auch in Kiel finden wir noch 1740 das Heilige Geistkloster benutzt zur Aufnahme einer Geisteskranken, die aber bei zunehmender Erregung später (1742) in’s Zuchthaus gebracht wurde für Einziehung der Klosterpräbende, welche der Magistrat ihr ihrer Armuth wegen gewährt hatte. Begründet wurde der Antrag der Ueberführung durch die Bemerkung, daß dergleichen Personen wegen ihrer betrübten Gemüths-Verfassung


  1. Carl von Schirach, Handbuch des Schleswig’schen Kriminalrechts von Falck 1829 edirt; pag. 143.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. = Reichstaler
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0146.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)