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1730 konnte im Amt Hadersleben ein kleineres Kirchspiel die Kosten für die Unterbringung eines unsinnigen Käthners nicht allein aufbringen, und bestimmte daher ein Erlaß aus Kopenhagen, daß das ganze Amt dafür einzutreten habe; die Bitte eine allgemeine Kirchencollecte in den Herzogthümern zu diesem Zwecke auszuführen, beschränkte der König auf das Amt Hadersleben. Der Käthner scheint an periodischer Tobsucht gelitten zu haben und „da sich hier leider zu dergleichen Unglücke kein anstalt findet“, wurde ein vormaliges Offiziers-Haus eingerichtet, in dem der Kranke nebst seiner Frau und Kindern untergebracht wurde. Diese ungeheuerliche Maßregel gipfelt noch darin, daß dies Haus ein besonderes Behältniß von starken Eichenbrettern erhielt, in dem der Kranke beständig angefesselt werden mußte.

Während wir so im Schleswig’schen in dieser Zeit die Fürsorge nur auf einzelne Fälle eingerichtet sahen, finden sich im Holstein’schen mehrere bemerkenswerthe Einrichtungen umfassender Art. Aus Akten der Rentekammer geht hervor, daß schon 1732 in Oldenburg in Holstein ein Dollhaus bestand; wegen unregelmäßig eingezahlter Verpflegungsgelder wird in einer Beschwerdeschrift um eine specifizirte Liste gebeten, wie viel jeder Pflug zu zahlen schuldig sei. Die Zahl der Insassen kann allerdings nur eine geringe gewesen sein. Es befanden sich z. B. 1793 nur noch 2 Personen darin; der Amtmann berichtete daher, daß mehrere Aemter sich beschwerten über die von ihnen für das Dollhaus zu leistenden 120 111/2 ß,[WS 1] besonders da die darin annoch befindlichen 2 Personen gar nicht von der Eigenschaft seien, daß sie für Doll-Leute gehalten werden könnten. Einer scheint ein in der Reconvalescenz befindlicher Melancholicus gewesen zu sein, der andere ein periodisch erregter und religiös Verrückter. Interessant ist, daß ein Dr. P. aus Neustadt ein Gutachten über den ersteren abgab, worin er meint, dieser habe wenigstens damals als er in’s Tollhaus kam, nicht eine solche laesionem imaginationis, rationis, memoriae et phantasiae gehabt, als man bei Melancholicis und unklugen Leuten

Anmerkungen (Wikisource)

  1. ß = Schilling
Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0148.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)