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Kräfte derjenigen übersteigen, denen sie zur Last fallen. Wird nun hieselbst für ihre Wiedergenesung nicht gesorget, so werden Menschen, denen vielleicht im ersten Anfange der Krankheit leicht zu helfen wäre, vernachläßigt und diejenigen die vielleicht binnen kurzer Frist von der Last ihrer Unterhaltung befreiet werden könnten, müßten solche viele Jahre lang tragen.“ Der Physikus Köppen wolle für 25 thl. die Cur der im Tollhauß befindlichen übernehmen; 2 mal wöchentlich oder mehr wenn nöthig. Gleichzeitig wird ein Antrag gestellt auf Einlieferung einer historia morbi und Einrichtung eines eingefriedigten Spazierhofes.

Der Sohn des Zuchthaus-Chirurgen Diener verschrieb noch eine Zeitlang Recepte!! und machte die Visiten statt des Vaters; auch machte er in 2 Stunden 20 Aderlässe. Er weigerte sich aber dem Physikus Koch täglich Rapport abzustatten.

Diese offenbaren Mißstände mögen wohl den Erlaß besonderer Verordnungen für den Arzt bedingt haben. Eine Instruktion vom 22. April 1786 bestimmt, daß der Zuchthausarzt die Wahnsinnigen in der Regel die Woche zweimal besuche. Damit nun der Aufmerksamkeit eines Arztes nicht gelegentlich einmal die Heilung eines Wahnsinnigen entgehe und da es eine große Härte sein würde einen solchen länger als nöthig im Irrenhause zu halten, so wurde am 20. August 1796 bestimmt, daß der Arzt am Ende eines jeden Vierteljahrs zu berichten habe über den körperlichen und Gemüthszustand der Kranken, und seine Meinung hinzufügen solle, ob die Entlassung dieser Personen auch Bedenklichkeiten unterworfen sei. Schon im Jahre 1795 schreibt der Physikus Dr. Koch in einem Bericht über Glückstadt, daß daselbst viele Gefangene und Wahnsinnige am Faulfieber gestorben seien. Die größere Sterblichkeit der Wahnsinnigen beruhe nicht auf schlechten Wohnungs-Verhältnissen, denn die armen ausgemergelten Wahnsinnigen, die 1789 aus dem Neumünster’schen Irrenhause ins dasige verlegt wurden, ließen ihre Freude über den Genuß größerer Freiheit laut werden.

Eine relative Ueberfüllung des Irrenhauses machte sich

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)