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Therapie. Jessen setzte in seinem Gesuch sehr schön auseinander, daß das Vorurtheil gegen Irrenanstalten erst schwinden werde, wenn die geistigen Störungen als Krankheiten überall erkannt würden und dazu sollte der Unterricht der Studirenden ganz besonders dienen. Diese neue Epoche sei hinreichend vorbereitet.

Doch kehren wir zurück zu den Ueberlegungen des Sanitäts-Collegiums im Jahre 1805. Zweifellos hatte man sorgfältige Studien über andere, darunter auch ausländische Irrenanstalten gemacht, und es wurden nach den dabei gewonnenen Erfahrungen die Ansichten über den Zweck der Irrenanstalt z. B. folgendermaßen formulirt: der Zweck einer vom Staat eingerichteten Irrenanstalt ist doppelt: 1. Die von der Geistesverwirrung Befallenen, wo möglich zu heilen, 2. die Unheilbaren wenigstens in eine solche Lage zu versetzen, daß sie dem Staate und sich selbst nicht weiter schaden zugleich aber mit denen, ihnen noch übrigen Geistes- und Körper-Kräften, so glücklich leben können, als es ihre Krankheit und übrigen Umstände erlauben. Unter den Motiven dieser Sätze muthet einer besonders modern an, wenn wir daran denken, daß gleichzeitig im Grunde doch noch eine harte und wenig verständnißvolle Behandlung der Irren praktisch ausgeübt wurde; jener Satz lautet: Die Kur erfordert eine Art der Erziehung, der Wahnsinnige muß lernen, seine irren Vorstellungen dem Willen eines andern zu subordiniren; er muß gehorchen lernen; ihm muß Folgsamkeit gegen seinen Arzt und gegen seinen Wärter eingeflößt werden. Dieses kann nicht durch Strafen und Züchtigungen geschehen, für diese ist er zum Theil fühllos, oder er setzt sie mit seinen wahnsinnigen Vorstellungen in Bezug; sondern er muß nur in die Lage versetzt werden, daß er nicht so handeln darf, wie es seine wahnsinnigen Vorstellungen ihm gebieten.

Von größerem historischem Interesse sind dann noch die Erhebungen über die Zahl der Geisteskranken in Schleswig-Holstein, welche der Feststellung der Ausdehnung einer zu entrichtenden Anstalt vorausgingen. Die Angaben über Kranke in

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0197.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)