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in der Zauberkunst unterrichtet. Er wird von dem Volke entweder mit dem Kosenamen Goldkopf, oder mit dem Spitznamen ‘Überzoll’ genannt. (Mit dem Namen Überzoll werden die strengen Zollbeamten beschimpft.)

Rübezahl wurde einmal als Arzt zu einer kranken Prinzessin gerufen, derselben, welche Rudolf in der ersten Stadt traf. Er erkannte sofort, dass die echte Prinzessin von der Medulina für ihren Sohn Bagidan geraubt und durch das kranke Mädchen heimlich ersetzt worden war. Trabison half ihm, die Prinzessin von der Hexe zu befreien und auf die Burg Karandat zu führen. Diese Prinzessin ist die Erzählerin selbst. Das untergeschobene Mädchen sollte nachher durch das Heilwasser der zweiten Stadt und durch das Heilobst der dritten Stadt geheilt werden. Medulina hat, um das Mädchen zu töten, den Brunnen und den Baum vergiftet. Rübezahl rettete die Kranke, indem er den Brunnen versiegen und den Baum welken liess.

Rudolf wird von Papilena durch einen unterirdischen Gang zu den Freunden Rübezahls, den Zauberern, geführt. Diese schicken ihn bewaffnet gegen die Hexe. Rudolf tötet einen Löwen, befreit mit Hilfe von zwei Bergknappen den von der Hexe verzauberten Zauberer Bucefalus aus seinem Grab und erlöst die ganze Gegend samt vielen in Tiere verzauberten Menschen. Medulina wird gefangen und auf die Burg Rübezahls gebracht.

Rübezahl kehrt eben mit seinem Papagei zurück, sieht den Zug, welcher die Hexe in die Burg führt, und übernachtet aus Furcht unter einem Baum. Bucefalus verwandelt Medulina in ein altes Weib und schickt sie in den Schwarzwald zu dem ‘Fabian’ (?) oberhalb der Altfrauenmühle. Eine Schlange führt Rudolf zu dem Baum, unter welchem Rübezahl schläft. Rudolf reisst ihm die drei Goldfedern aus, erklärt ihm, was mit der Hexe geschehen sei, und begleitet ihn in die Burg. Rübezahl schickt dann Rudolf zu jenem Baum zurück. Unter diesem sind zwei Schachteln mit Zaubermitteln vergraben, mit welchen dem welkenden Baume und dem versiegten Brunnen geholfen werden kann. Rudolf wird dann belehrt, wie er dem kranken Mädchen, dem Baum, dem Brunnen und dem Fährmann Hilfe bringen kann. (Der Fährmann ist der verzauberte Sohn der Hexe Medulina, Bagidan.) Rudolf verrichtet diese Arbeiten, Rübezahl wird inzwischen in einen schönen Ritter verwandelt und heiratet Papilena, der erlöste Bagidan vermählt sich mit dem geheilten Mädchen. Rudolf kehrt mit einem grossen Heer in seine Heimat zurück und findet mit Hilfe der drei Goldfedern Rübezahls in dem nahen Berge ‘Kahlrücken’ grosse Schätze, welche er an sein Volk verteilt.[1]

Dieses Volksbuch ist in der böhmischen Märchenliteratur nur einmal, und zwar höchst mangelhaft, nacherzählt worden (I. Vyhlídal, Z hanáchých dédin, Olomúc, nr. 32 S. 137). Der erste Teil von dem Schicksalskind findet sich in derselben Fassung wie im Volksbuche bei Radostov (3. Aufl. S. 286), ohne Fortsetzung. Das von Peck in seiner handschriftlichen Sammlung verzeichnete Märchen (nr. 22), welches die Fahrt ganz anders erzählt, leitet die Erzählung in ähnlicher Weise ein: Ein Fremder


  1. In einem deutschen Märchen bei Pröhle (Bolte-Polívka 1, 82) heisst der Vogel, zu welchem der Held geschickt wird, ‘Fabian’. In dem Gebirge Brdy im südwestlichen Böhmen waltet ein mächtiger Geist ‘Fabiján’ oder auch ‘Babí Jan’ (Der Altfrauen Johann) genannt, von welchem ähnliche Geschichten wie von Rübezahl erzählt werden. In demselben Gebirge wird auch häufig von der Hexe ‘Medulina’ oder ‘Paní Bába’ (Die alte Frau) erzählt. Siehe Jelínek, Mitteilungen der anthropol. Gesellschaft in Wien 26, 235 (1896).
Empfohlene Zitierweise:
Fritz Boehm (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 29. Jahrgang. Behrend & Co., Berlin 1919, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_des_Vereins_fuer_Volkskunde_29_037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)