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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932

„In diesem Sinn", heißt es an anderer Stelle, „kann man sagen, daß der Zins reguliert wird . . . durch die allgemeine Profitrate" (Kapital, III 1, S. 344). In einem Wertschema mit seinen verschiedenen Profitraten in den einzelnen Sphären und mit seinem Gesamtmehrwert sind weder die Existenz des Zinfußes noch dessen Bewegungen erklärbar, daher auch das Bank- und Finanzkapital, also diejenige konkrete Form des Kapitals unmöglich, der gerade Hilferding für die neueste Entwicklung des Kapitalismus eine entscheidend wichtige Bedeutung zuerkennt.

Und dasselbe gilt von der Grundrente in ihrer modernen, kapitalistischen Form, die „nur in einer Gesellschaft existiert, deren Basis die kapitalistische Produktionsweise ist" (Mehrwert, III, S. 454). Aus einem Wertschema, d. h. unter der Annahme, daß sämtliche Waren zu ihren Werten verkauft werden, ist die Existenz der Grundrente nicht erklärbar[1].


Aus der bisherigen Darstellung ergibt sich zur Genüge, daß für die Erkenntnis des konkreten Ablaufs des kapitalistischen Produktionsprozesses unmittelbar nicht die im Reproduktionsschema dargestellten Kategorien: Wert, Mehrwert und die verschiedenen Profitraten von entscheidender Bedeutung sind, sondern die darin nicht erfaßten Kategorien: Produktionspreise, Profit und seine Teil- formen, schließlich die allgemeine Durchschnittsprofitrate. Diesen Kategorien muß somit das Primat für die unmittelbare Erkenntnis der konkreten kapitalistischen Produktion zuerkannt werden, weil eben der Durchschnittsprofit der ,,Regulator“ und die ,,treibende Macht“ dieser Produktion ist, und weil auf der Ausgleichsbewegung verschiedener Profitraten ,,die ganze kapitalistische Bewegung beruht“.

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/89&oldid=- (Version vom 12.5.2022)
  1. Denn die absolute Rente ist bloß ein ,,Überprofit“, d. h. ein „Überschuß über den Durchschnittsprofit" (Mehrwert, III, S. 450, Mehrwert, II 2, S. 4, Kapital, III 2, S, 174, 316). „So bildet der Überschuß dieses Wertes (der Agrikulturprodukte) über den Produktionspreis die absolute Rente. Aber damit dieser Übersehuß des Wertes über den Produktionspreis (gemessen) werden könne, muß der Produktionspreis das Prius sein, also der Agrikultur von der Industrie als Gesetz aufgezwängt werden“ (Mehrwert, III, S. 114). – „Die Rente ist . . . absolut nicht zu erklären, wenn der industrielle Profit nicht den landwirtschaftlichen regulierte" (1. c S. 113). „Um überhaupt von einem Übersehuß über den Durchschnittsprofit sprechen zu können, muß dieser Durchschnittsprofit selbst als Maßstab und wie es in der kapitalistischen Produktionsweise der Fall ist, als Regulator der Produktion überhaupt hergestellt sein" (Kapital, III 2, S. 316). Aus dem Wertschema, in dem dieser Regulator nicht besteht, ist daher die Existenz der absoluten Grundrente unerklärbar.