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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932

Es ist somit nur die logische Konsequenz dieses verhängnisvollen Fehlers, daß für R. Luxemburg und 0. Bauer nicht nur das Problem der Wert-Preis-Transformation, sondern auch das damit verknüpfte Problem der allgemeinen Profitrate, sowie das Problem der Verwandlung des Mehrwerts in seine besonderen Profitformen (Handelsgewinn, Zins usw.), also die ganze Lehre des III. Bandes des Marxschen ,,Kapital" nicht existiert! Sie bleiben innerhalb der „Keimform" des Wertschemas, bei der von der Wirklichkeit entfernten Abstraktionsstufe, stehen, ohne die „Metamorphosen“ d. h. den Weg, der zur Annäherung an die konkrete kapitalistische Wirklichkeit fuhrt, zu betreten. Daß infolge dieser fatalen Verkennung der Marxschen Methodik der Zusammenhang des Problems der Wert- Preis-Transformation mit dem Krisenproblem nicht gesehen und nicht behandelt wird, ist nach dem Gesagten selbstverständlich.

Worin besteht nun dieser Zusammenhang und die spezifische Funktion der Preisrechnung ? Um dies zu zeigen, wenden wir uns an die Problemstellung, wie sie sich bei R. Luxemburg vorfindet. Durch ihre kritische Analyse des Marxschen Reproduktionsschemas gelangte sie nämlich zum Ergebnis, daß innerhalb eines solchen Schemas – soweit in dessen beiden Abteilungen verschiedene organische Zusammensetzung des Kapitals besteht – ein restloser Absatz der Waren, somit ein Gleichgewicht, nicht möglich sei, weil ,,mit jedem Jahre . . . ein wachsender Überschuß an Konsumtionsmitteln entstehen muß“ (1. c, S. 306). ,,Dieser unabsetzbare Mehrwertrest in der Abteilung II wird durch die Berücksichtigung der steigenden Produktivität der Arbeit noch verstärkt, weil diese . . . auf einen viel stärkeren Überschuß unabsetzbarer Konsumtionsmittel hinweist, als dies aus der Wertsumme dieses Überschusses hervorgeht" (1. c, S. 308).

Unterstellen wir einmal, R. Luxemburg wäre dieser Nachweis gelungen. Was hatte sie damit bewiesen ? Lediglich den Umstand, daß der ,, unabsetzbare Rest" in der Abteilung II innerhalb des Wertschemas entsteht, d. h. unter der Voraussetzung, daß die Waren zu ihren Werten ausgetauscht werden. Aber wir wissen, daß diese Voraussetzung der Wirklichkeit nicht entspricht. Im Wertschema, das der Analyse R. Luxemburgs zugrunde liegt, sind in den einzelnen Produktionsabteilungen verschiedene Profitraten, die mangels der Konkurrenz nicht zur Durchschnittsrate ausgeglichen werden. Auch dies widerspricht der Wirklichkeit, wo infolge der Konkurrenz eine Tendenz zur Ausgleichung verschiedener Profitraten zur allgemeinen

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/97&oldid=- (Version vom 12.5.2022)