Seite:Zeitschrift für Volkskunde I 091.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wo er mit leeren Händen zum Könige kommen müsste. „Was hast Du?“ fragte ihn die Froschfrau, als sie die Traurigkeit ihres Mannes sah. „Ach,“ sprach der Mann, „Du kannst mir doch nicht helfen.“ „Wer weiss,“ gab die Froschfrau zur Antwort, „erzähle mir nur, was Dich bedrückt.“ Als sie alles vernommen hatte, sprach sie: „Heb mich auf das Fenstersims, dann sollst Du sehen, was ich kann.“

Kaum sass der Frosch auf dem Fenstersims, so spie er nach rechts und dann nach links und siehe da, auf dem Fussboden lag ein neues, schönes Hemd. Schnell eilte der Mann damit zum Könige. Diesem gefiel aber das Hemd gar sehr, denn es war viel feiner als diejenigen waren, welche die Fürstentöchter gefertigt hatten.

Nachdem der König dem Mann der Froschfrau den dritten Teil des Reiches zugesprochen hatte, sprach er zu den drei Dienstmannen: „Welche von Euren Frauen mir das beste Brot ausbackt, deren Mann erhält das zweite Drittel meines Königreiches.“

Diesmal glaubten die Fürstentöchter, sie würden den Preis davontragen, denn sie verstanden ausgezeichnetes Brot zu backen. Aber als die Froschfrau wieder von ihrem Manne gehört hatte, warum es sich handelte, sprach sie: »„Gieb mir Mehl und Wasser und lass oben in den Ofen ein Loch hauen. Dann setze mich auf den Ofen. Darauf lass den Ofen heizen. Sobald er ausgeheizt ist, hebe mich wieder herunter. Dann muss das Loch im Ofen wieder zugemauert werden.“

Alles geschah, wie es die Froschfrau angeordnet hatte. Als die drei Brote zu dem König gebracht wurden, zeigte es sich, dass das Brot der Froschfrau bei weitem das wohlschmeckendste war. Somit erhielt ihr Mann auch das zweite Drittel des Reiches,

Nun versprach der König das letzte Drittel seines Reiches demjenigen, dessen Frau ihm den besten Mantel schaffen werde.

Sobald die Froschfrau dies Versprechen des Königs gehört hatte, sprang sie hurtig zur Thür hinaus. Aber nach einigen Tagen kehrte sie mit dem schönsten Mantel von der Welt wieder zurück. Als ihr Mann damit zum Könige kam, nahmen sich die Mäntel der Fürstentöchter dagegen aus wie die Sterne gegen den Mond. Da sprach der König zu seinem Dienstmann: „Gut, Du erhältst das ganze Reich und sollst nach meinem Tode König sein. Nun hole mir aber auch Deine Frau herbei, damit ich sie kennen lerne.“ „Ach,“ Herr König, sprach der Mann, „meine Frau kann ich Euch nicht holen. Als Ihr uns auftrugt, dass wir uns vermählen sollten, habe ich nur einen Frosch zur Frau bekommen, und einen Frosch kann ich doch nicht vor Euch bringen.“

Aber der König bestand auf den Wunsch und so musste denn sein Dienstmann ausgehen, den Frosch zu holen. Da aber geschah ein seltsames Wunder. Sobald nämlich der Frosch über die Schwelle des Saales gehoben war, verwandelte er sich in eine junge Prinzessin von leuchtender Schönheit, also dass alle Frauen am Hofe von dem Glanze ihrer Schönheit verdunkelt wurden. Sie führte ihren überglücklichen Gemahl zum Könige und sprach zu ihm: „Ich danke Euch meine Erlösung. Ein böser Zauberer hatte mich in einen Frosch verwandelt, der Zauber war nur zu brechen, wenn mich ein König zu sehen verlangte.

Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_091.png&oldid=- (Version vom 21.7.2023)