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Stellung lange, aber vergeblich. Endlich kam ihm der Argwohn an, auch er möchte getäuscht sein. Er schob das Heu beiseite, da waren aber keine Bienen darunter, sondern die alten abgetragenen Kleidungsstücke, welche der Fremde mit den erhaltenen ausgetauscht und hier versteckt hatte.

Dem Gutsbesitzer blieb schliesslich nichts übrig, als wieder nach Hause zu gehen. Er hatte nun zu dem Schaden noch den Spott, dass er gleichfalls von dem Gauner angeführt war, und dass er den Heimweg zu Fuss hatte machen müssen, während er doch zu Pferd ausgezogen war, den Schwindler zu fangen.


3. Der Zigeuner und der Teufel.

In einem grossen tiefen See hielt sich der Teufel auf; viele Menschen waren ihm bereits zum Opfer gefallen. Der König des Landes sorgte um das Leben seiner Unterthanen und sann vergeblich auf Mittel, den Teufel aus dem See zu vertreiben. Endlich liess er bekannt machen, dass derjenige, welcher dies fertig bringe, bei ihm in dem Königsschlosse wohnen und täglich mit ihm speisen solle. Nun versuchte zwar mancher sein Heil, den Teufel zu beschwören, allein dieser kümmerte sich um solches Thun und Treiben nicht, sondern hielt sich nach wie vor im See auf und forderte ein Opfer nach dem andern.

Da liess sich eines Tages ein Zigeuner bei dem König melden und erklärte diesem, er sei bereit, es mit dem Teufel aufzunehmen. „Gut“, erwiderte der König, „wenn du das fertig bringst, so werde ich mein Wort halten.“ Der König hoffte aber, der Zigeuner werde kein Glück haben, denn angenehm war ihm der Gedanke nicht, täglich einen Zigeuner am Tisch zu sehen.

Der Zigeuner machte sich auf, führte sein kleines Pferd am Zaume hinter sich her, bis er zum See kam, dann legte er sich an den Rand desselben in das hohe Gras und wartete auf den Teufel. Dieser stieg auch bald aus dem See auf und warf sich auf den Zigeuner, um ihn zu fressen. „Gemach, mein Lieber“, sagte aber der Zigeuner mit der grössten Seelenruhe, „so schnell geht das nicht; erst wollen wir einmal unsere Kräfte versuchen. Wenn ich unterliege, so magst du mich fressen, wenn du mir aber nicht gewachsen bist, so verlässt du diesen See und hältst dich fortan wo anders auf.“

Der Teufel ging auf den Vorschlag ein. „Nun gut“, sagte der Zigeuner, „so trage mein Pferd zwischen den Beinen dreimal um den See herum.“

Das war eine schwierige Aufgabe für den Teufel, welcher niemals jemand hatte reiten sehen. Mühselig schleppte er sich, das Pferd zwischen den Beinen, um den See herum, dann aber hatte er genug und forderte den Zigeuner auf, es besser zu machen. Dieser bestieg sein Pferd und trabte dreimal lustig um den See herum. Der Teufel staunte über das, was er gesehen hatte, und forderte den Zigeuner auf, in seine Dienste zu treten. Der Zigeuner nahm das Anerbieten an und beide machten sich auf, da der Teufel nun doch einmal den See verlassen musste, in die Hölle hinabzufahren.

Hier sann der Teufel darauf, wie er den Zigeuner fange, denn er ärgerte sich nicht wenig, dass er diesem unterlegen war. Endlich fiel ihm

Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_192.png&oldid=- (Version vom 21.7.2023)