Seite:Zeitschrift für Volkskunde I 474.png

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gar nicht nötig; seine Hand sei gerade ein Pfund schwer; er wolle dieselbe statt des Gewichtes auf die Wage legen. Die Wirtin war damit einverstanden. Als sie nun aber nach der Schwere der Hand ein Pfund abwiegen wollte, drückte der Bengel mit der Hand so stark zu, dass er ein Stück Schinken bekam, welches sicher einige Pfund schwer war. So hatte die dumme Wirtin erst den Hund für umsonst gefüttert, dann ebenso Schnaps gegeben und endlich für ein geringes Geld einige Pfund Schinken verkauft.


3. Der dwatsche Hans.

Es war einmal ein Bauer, bei dem kein Knecht längere Zeit auszuhalten pflegte; das aber ging so zu: bei dem Vermieten machte der Bauer aus, wenn sich der Knecht in seinem Dienst ärgern würde, so durfte er demselben Nase und Ohren abschneiden; wenn er, der Bauer, sich aber über den Knecht ärgern würde, so durfte der Knecht dem Bauer Nase und Ohren abschneiden, erhielt aber ausserdem noch eine Tonne mit Gold. Als Frist für diese Abrechnung war der Marientag angesetzt, wenn an demselben der Kuckuck schrie.

Die Tonne Goldes hatte gar manchen Knecht angelockt, aber es war keinem gelungen, dieselbe zu erdienen; wohl aber wurde einer nach dem andern, welcher unter jenen Bedingungen in den Dienst getreten war, mit abgeschnittener Nase und weggeschnittenen Ohren heimgeschickt, dieweil sie sich gar bald geärgert hatten.

Nun aber geschah es eines Tages, dass zu dem Bauer so ein dwatscher Hans kam, welcher sich die Bedingungen sagen liess und sich dann bereit erklärte, in den Dienst zu treten, unter den bekannten Bedingungen.

Am ersten Tage seines Dienstes befahl ihm der Bauer, mit vier Ochsen auf das Feld zu ziehen zum Pflügen. Der Bauer hatte einen kleinen Hund, welcher den Namen Petersilie führte. Nach diesem Hunde, welchen der Bauer Hans mit auf das Feld nehmen hiess, sollte sich dieser beim Pflügen richten, und zwar in der Weise, dass er dem Hunde immer nachpflügte, wohin dieser sich wenden würde; wenn es Mittag sei, hatte der Bauer gesagt, werde der Hund schon von selbst nach Hause laufen, Hans solle ihm dann nur folgen.

Als nun Knecht und Hund auf dem Felde angelangt waren, machte sich Hans daran, dem Hunde alle Furchen nachzuziehen, wohin sich dieser auch wandte, kreuz und quer, bis er diese Art von Arbeit endlich satt hatte. Er hieb also dem Köter mit der Ochsenpeitsche eins tüchtig über, so dass dieser geradewegs nach Hause lief. Hans folgte dem Hunde mit seinen Ochsen, so rasch es nur gehen wollte.

Um das Gehöft des Bauers war ein Zaun, und als nun der Hund an denselben kam, suchte er erst nicht lange nach dem Eingang, sondern sprang über den Zaun in das Gehöft hinein. „Ei“, dachte der dwatsche Hans, „da musst Du mit Deinen Ochsen folgen.“ Da nun aber die Ochsen nicht über den Zaun steigen konnten, so schlug er dieselben einfach tot, dann warf er sie über den Zaun – denn der dwatsche Hans war von

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_474.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)