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Dabei blieb allerdings den übrigen zunächst noch ein entfernteres Mitwirkungsrecht, aber sehr bald schon wurde der Antheil dieser Sieben zu einem ausschliesslichen und alleinigen Wahlrechte[1].

Je mehr seit der Doppelwahl von 1198 das Wahlrecht in einer früher nie vorgekommenen Weise betont wurde, und in Folge dessen die Bildung fester Wahlberechtigungen fortschritt, desto grössere Bedeutung erlangte im Zusammenhange damit das Recht des Einzelnen an der Wahl theilzunehmen, und Theorie und Praxis wandten gemeinschaftlich in lebendiger gegenseitiger Einwirkung ihr Augenmerk auf die Beantwortung der Frage, wie eine einheitliche Königswahl stattzufinden hätte. Zu den völlig geänderten Verhältnissen passten die älteren, unter ganz anderen Voraussetzungen entstandenen und äusserst mangelhaften Grundsätze nicht mehr. Fehlte es doch, soweit wir sehen, noch an einem festen Wahlverfahren, an zwingenden Rechtssätzen über Ort und Zeit der Wahl; auch war das Erfordernis einer einzigen, allgemein verbindlichen Wahlhandlung im Zuge der durchaus gewohnheitsrechtlichen Bildung noch nicht zum Durchbruche gelangt. Ganz abgesehen von einer zwiespältigen Wahl, besass der Wahltag auch sonst bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts nicht unter allen Umständen genug rechtliche Autorität, um dem Gewählten sofort die allgemeine Anerkennung zu sichern. Zwar stellten die Anwesenden, und waren sie auch in der Minderzahl, die Gesammtheit vor; wer aber der Wahl ferne blieb, war an das Ergebniss der ohne sein Zuthun erfolgten Wahl im Princip noch keineswegs gebunden. In der Regel fügten sich freilich die Ausgebliebenen stillschweigend dem Beschlusse des Wahltages. Aber bei freien Wahlen traten doch leicht jene individualistischen Gedanken, die schon in

    , dass bereits bei der Wahl des Jahres 1220 und vollständig dann bei jener des Jahres 1237 eine Einschränkung des Wahlrechtes auf einen engeren Wählerkreis, nämlich auf die Mitglieder des neuen Reichsfürstenstandes erfolgt sei, und er hat weiters gezeigt, wie man später auch noch innerhalb dieser engeren Gruppe verschieden gestaltete Wahlberechtigungen unterscheiden müsse.

  1. Vgl. die Wahlen von 1257 und 1278.
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Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_165.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)