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den Tagen Arnulfs geherrscht hatten, in den Vordergrund, dass der einzelne freie Mann sich selbst seinen König wählen dürfe[1]. Freilich kam es dabei nur auf den Willen einiger Grosser an, die bei der Wahl eine Führerrolle einnahmen. Nach ihnen richteten sich auch deren Anhänger, in der Regel aber nicht ohne dass vorher eine Besprechung stattgefunden hätte[2].

  1. Vgl. dazu den Bericht Bruno’s über die Wahl Rudolfs von Schwaben (MG. SS. V. S. 365 Z. 25 ff.). Zuerst wurde unter mehreren Candidaten Rudolf ausersehen, dann folgte die Kur, bei der aber einzelne Wähler an ihn Bedingungen stellen wollten. Bruno gebraucht für die Kur die Ausdrücke: laudare, super se regem levare, sibi regem constituere. Diese Kur enthielt aber nicht etwa eine Abstimmung im modernen Sinne des Wortes; denn die Stimmen konnten nicht für verschiedene Candidaten abgegeben werden. Wir dürfen bei dieser Handlung aber auch nicht an eine Huldigung, an ein Geloben der Treue durch Eid und Handschlag denken. Auch gegenüber der neuesten Arbeit von Lindner halte ich noch immer daran fest, dass zwischen der Thätigkeit des angeblichen Electors und derjenigen der anderen Fürsten rechtlich kein Unterschied besteht. Vielmehr sind die Handlungen der einzelnen Fürsten ihrem Wesen nach durchaus gleichwerthig, nur dass einzelne Personen allmählich, im Gegensatze zu der hergebrachten Ordnung, zunächst als Ehrenrecht ein Vorkürrecht erlangt haben. Bei der Kur selbst handelte es sich darum, dass die einzelnen Fürsten des Reiches, die an der Wahl theilnahmen, einer nach dem andern, in feierlichem Kurspruche den Gewählten bezeichneten. Durch diese Einzelerklärungen, die gleichzeitig auch die Verpflichtung jedes einzelnen Wählers zum Gehorsam begründeten, wurde das Ergebniss der Vorverhandlungen rechtskräftig gemacht. Die Kur war daher die feierliche Setzung, die Annahme des in den Vorverhandlungen nominirten Candidaten als König und zwar durch die einzelnen Wähler, und so war sie der entscheidende Act im Verlaufe der ganzen Wahlhandlung. Vgl. dazu Schröder, RG. 3. Aufl. S. 469 und Seeliger in der histor. Vierteljahrsschrift. N. F. Bd. III. S. 513 ff. und v. Amira, Grundriss des germanischen Rechtes S. 96. –
  2. Vgl. dazu schon den Bericht Thietmar’s ed. Kurze IV. 52. Markgraf Liuthar liess auf der Versammlung zu Frosa 1002 den Erzbischof von Magdeburg und die angesehensten Grossen schwören, dass sie Niemand zum König wählen, bevor er nicht mit ihnen gesprochen hätte. – Dann kommt als Beleg hierfür in Betracht der Bericht Wipo’s über die Wahl Conrads II. (MG. SS. XI. 257 ff.) Der Erzbischof von Cöln und der Herzog Friedrich von Oberlothringen verliessen wahrscheinlich noch vor dem Abschluss der Wahlhandlung mit ihren Anhängern den Wahlort. Der Wormser Herzog Conrad besprach sich vor der Kur mit seinen lothringischen
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_166.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)