Seite:Zeitschrift fuer Rechtsgeschichte Germ. Abt. Bd 20 168.JPG

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

1257 – vielfach Formalitäten aufweisen, die bei den kirchlichen Wahlen jener Zeit üblich waren. So bemerkte, um von der älteren Literatur abzusehen, schon Harnack, dass die Wahldecrete, die wir über die deutschen Königswahlen von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts an besitzen, ihren formelhaften Wendungen nach, soweit sie das eigentliche Wahlgeschäft berührten, grösstentheils jenen Verkündigungen nachgebildet wurden, die die Päpste über ihre eigene Wahl zu erlassen pflegten, und dass auch das bei der Königswahl (im engsten Sinne) übliche Ceremoniell dem bei den Papstwahlen gebräuchlichen entsprochen habe[1]. Dies wurde auch von Bresslau anerkannt, und von ihm darüber hinaus der Nachweis versucht, dass „die deutschen Kurfürsten, nachdem um die Mitte des 13. Jahrhunderts das ausschliessliche Recht der Königswahl auf sie übergegangen war, und als sie sich nun über die Art zu verständigen hatten, in der sie ihr neues Recht ausüben wollten, mit bewusster Absicht beschlossen hätten, die Wahl des Königs in derselben Form zu vollziehen, die bei der Papstwahl und – wohl in Nachahmung dieser, bei den Bischofswahlen – üblich war“.[2] Etwas früher wies Seeliger in seinen „Forschungen über die Entstehung des Kurcollegs“ darauf hin, dass zur Lösung der Frage des Kurfürstenproblems, die auch von Lindner noch nicht erbracht worden war, die Untersuchungen, abgesehen von einer eingehenden Beleuchtung der Verhältnisse und Wandlungen des Reichsfürstenstandes, namentlich den Bischofswahlen und besonders der Papstwahl ihr Hauptaugenmerk zuwenden, die gegenseitigen Beziehungen und Beeinflussungen genügend würdigen müssten[3]. Ende 1898 unternahm dann E. Mayer in seiner deutschen und französischen Verfassungsgeschichte II. Bd. S. 382 ff. den Versuch, die Wahl des deutschen Königs überhaupt – also

  1. Harnack, Das Kurfürstencollegium bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts S.107. Bezüglich der „electio communis“ konnte er diese Uebereinstimmung allerdings noch nicht nachweisen. Hier hat dann Bresslau die Sache gefördert.
  2. Bresslau in DZ. Neue Folge. Bd. II. S. 129 ff. Seine Ansicht ist von Schröder, RG. 3. Aufl. S. 468 ff. und von Seeliger in der histor. Vierteljahrsschrift III. Jahrgang S. 514 aufgenommen worden.
  3. DZm. II S. 24.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_168.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)