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Orte erscheinen, und bestimmte, wie lange auf Abwesende gewartet werden müsse. Wer aber trotz gehöriger Berufung ausbliebe, der sollte ohne Rücksicht darauf, ob seine Abwesenheit mit oder ohne Erlaubniss begründet wäre, des Wahlrechtes für diesen Fall verlustig sein, und auch keinerlei Anfechtungsrecht gegenüber der ohne seine Mitwirkung vollzogenen Wahl besitzen. Dasselbe hätte für jene zu gelten, die vor vollzogener Wahl sich von derselben entfernten[1].

Diese Grundsätze standen vom 13. Jahrhundert ab bei kirchlichen Wahlen in Uebung[2]. Sie wurden aber auch mehr und mehr auf die deutsche Königswahl zur Anwendung gebracht. Die erste Gelegenheit boten wohl auch hier die Wahlen der Jahre 1246 und 1247. Von einer kleinen Zahl von Fürsten ganz unter dem Einflusse der Curie vollzogen, galten sie doch kirchlicherseits als allgemein verbindliche[3].

So konnte der päpstliche Legat an die Bischöfe

  1. Dies ist zum erstenmale ausgesprochen in einer Decretale Innocenz III. aus dem Jahre 1200: „quoniam ad electionem faciendam accedere noluerunt, alienos se fecisse videntur; propter quod electioni a vobis … concorditer celebratae de jure non posse contradicere videbantur“. c. 19 X. I. 6. Vgl. dazu c. 28 eod.
  2. Ständig wird in den Wahldecreten und in sonstigen Schriftstücken die Formel gebraucht: vocatis (convenientibus) omnibus, qui debuerunt, voluerunt et potuerunt commode interesse. Vgl. z. B. AV. I. Bd. Nr. 54, 78 etc.; dazu die Summa des Hostiensis im Titel: de electione c. 11a (praesentibus omnibus, qui debent, volunt et possunt commode interesse) und G. de Mandagotto a. a. O. c. 19. Die einzelnen Worte sind von den Glossatoren und Summatoren einer eingehenden Erklärung gewürdigt worden. Dabei war noch streitig, wie lange auf Abwesende gewartet werden müsse; darüber vgl. Goffredus de Trano a. a. O. c. 19, Hostiensis a. a. O. c. 11°, Guilelmus de Mandagotto a. a. O. c. 16 u. a. Mit dieser Frage beschäftigten sich auch die Berichte, die nach der Doppelwahl von 1257 nach Rom abgingen. MG. Const. Bd. II. S. 529 Z. 24 ff.
  3. So schreibt der Papst nach der Wahl Wilhelms von Holland: quod W… communi voto principum, qui in electione cesaris ius habere noscuntur, in R. r. applaudantibus ceteris principibus est electus. MG. Const. Bd. II. S. 460. Die Worte sind wahrscheinlich der Wahlanzeige entnommen, die ihm über diese Wahl aus Deutschland zugegangen war. Wir wissen aber, dass Sachsen und Brandenburg, die doch sicher wahlberechtigt waren, dabei nicht betheiligt waren. Mit Recht sagt Hintze a. a. O. S. 11: „Es musste diese Wahl, von der Curie veranlasst, wesentlich durch geistliche Fürsten vollzogen, eher wie eine Angelegenheit der Kirche als des Reiches erscheinen“.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_180.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)