Seite:Zeitschrift fuer Rechtsgeschichte Germ. Abt. Bd 20 182.JPG

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Deutschland noch darauf Gewicht gelegt, dass an der Königswahl alle theilnähmen, die eine Wahlberechtigung hätten, gleichzeitig aber auch daran festgehalten, dass dieses Wahlrecht durch das Fernbleiben von der eigentlichen Wahlhandlung noch nicht erloschen sei, sondern auch nachträglich noch ausgeübt werden dürfe.

Wenige Jahre später lagen die Dinge ganz anders. Die Berichte, die die Räthe der beiden Gegenkönige nach der Doppelwahl von 1257 an die Curie sandten, nehmen bereits einen ganz anderen Standpunkt ein. Sie schliessen die nachträgliche Anerkennung einer Wahl durch abwesende Wähler völlig aus. Jede Partei behauptet für sich, dass sie das alleinberechtigte Wahlcolleg gebildet habe, nachdem die übrigen Kurfürsten zwar gehörig berufen, aber nicht erschienen seien[1]. Freilich kann man einwenden, dass diese Berichte von Klerikern abgefasst worden seien, die ganz unter dem Einflusse des canonischen Rechtes standen, ja dass die Rathgeber K. Alfons überhaupt nicht mit den deutschen Gewohnheiten vertraut gewesen seien und dieselben lediglich aus dem Berichte Richards kennen gelernt hätten. Aber den neuen Rechtsgedanken enthält auch die Belehrung, die Richards Wähler dem Papste über das in Deutschland für die Königswahl angeblich seit alter Zeit geltende Recht zugehen liessen[2]. Darin heisst es zunächst, dass die Anwesenheit

    wenn dieselbe etwa nicht von Allen zugegeben würde, zu sichern, die von einigen behaupteten Mängel zu beseitigen.

  1. Ex his autem procuratores tui arguere nitebantur, quod cum memorati Treverensis archiepiscopus et dux Saxoniae recusando dicto die procedere, reliqui vero non veniendo ad terminum concorditer assignatum se alienos ab electione reddiderunt ea vice, tu ab omnibus principibus vel saltem ab iis, in quos totaliter jus eligendi reciderat, censeri debes electus (S. 527 Z. 6 ff.); quod electores eiusdem regis Castellae nolendo die illo eligere, non fuerunt eligendi iure privati (S. 529 Z. 25 ff.); electionem … fore legitimam celebratam a maiori parte ipsorum principum … immo fictione iuris ab omnibus, cum alii utpote inhabiles electioni non potuerunt, vel saltem noluerunt in loco solito et tempore debito interesse (S. 530 Z. 6 ff.).
  2. Diese Rechtsbelehrung ist nur enthalten in der erweiterten Fassung der Bulle Urbans IV. vom 27. August 1263: Qui coelum (MG. Const. Bd. II. S. 528 ff.), welche Fassung aber niemals zur Ausfertigung gelangt ist. Der Umstand, dass gerade diese consuetudines mit die Grundlage der von
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_182.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)