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Papst Urban IV. sandten, zum ersten Male mit voller Entschiedenheit das kirchliche Mehrheitsprincip für die deutsche Königswahl vertreten[1].

Aber diese Auffassung fand in Deutschland noch keine Verbreitung. Schon die Art und Weise, wie die Wahl Rudolfs von Habsburg zu Stande gekommen ist[2], spricht entschieden gegen ein etwaiges Eindringen des kirchlichen Majoritätsgedankens. Wir finden sichere Anzeichen einer Wahlbewegung seit dem Beginne des Jahres 1273. Anfangs stockend und schwerfällig, weil dem Streben der öffentlichen Meinung nach einem kräftigen Könige die Zwistigkeiten und Sonderinteressen der Kurfürsten und anderer Fürsten entgegenstanden, wurde dieselbe durch den Einfluss Gregors X. seit Mitte August desselben Jahres beschleunigt. Da gerade mit Rücksicht auf die bedeutenden Differenzen zwischen den Wahlfürsten die Gefahr einer Doppelwahl wieder nicht ausgeschlossen war, so erklärten die mittelrheinischen und wetterauischen Städte zu Mainz schon im Februar 1273, dass sie bei zwiespältiger Wahl keinen der Bewerber, und überhaupt nur einen einhellig gewählten König anerkennen würden. Die ersten Schritte zu einer Einigung der rheinischen Kurfürsten hat Erzbischof Werner von Mainz, der berufene Leiter der Wahlhandlung, gethan. Ihm gelang es, wenn auch nur nach längeren Vorverhandlungen, den Pfalzgrafen von der Candidatur abzubringen und für Rudolf von Habsburg zu gewinnen. Und in dem am 1. September 1273 abgeschlossenen Vertrage erklären Mainz und Pfalz unter Einverständnis von Cöln gegenseitig, falls auch Rudolf nicht

  1. Die Bezugnahme auf das Majoritätsprincip liegt in den Stellen: constat electionem de te maxime per pauciores de ipsis principibus excommunicatos … factam nullam penitus exstitisse (ebenda S. 529 Z. 17 ff.); nisi ei, qui a maiori et saniori parte praedictorum principum est electus (ebenda Z. 36); ferner: legitimam … celebratam a maiori parte ipsorum principum (ebenda S. 530 Z. 7); und: videlicet quod quando aliqui ad imperium in discordia principum eliguntur, sedes apostolica illum, qui electus est a parte maiori, … denunciat electum canonice (ebenda Z. 14 ff.); vgl. auch die kürzere wirklich abgesandte Fassung in MG. Epist. saec. XIII., Bd. III. S. 549, und das Schreiben an König Richard, ebenda S. 550.
  2. Vgl. dazu Redlich in M. Bd. X. S. 344 ff. und jetzt in der Neuausgabe der Regesta imperii Bd. VI/1. S. 4 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred von Wretschko: Der Einfluss der fremden Rechte auf die deutschen Königswahlen bis zur Goldenen Bulle. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1899, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_20_195.JPG&oldid=- (Version vom 1.8.2018)