Seite:Zeitschrift fuer Rechtsgeschichte Germ. Abt. Bd 23 268.jpg

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Text im Strassburger Privileg aus dem des c. XI selbst abgeleitet und für einen besonderen Fall zurecht gemacht ist. Auch aus der starken Hervorhebung der temporalis iurisdictio darf man nicht folgern, dass das für einen geistlichen Fürsten bestimmte Privileg die Vorlage war. Diese Hervorhebung erklärt sich in dem Zusatze völlig genügend daraus, dass in ihm, wie in c. XI selbst, die geistlichen Kurfürsten in erster Linie berücksichtigt sind.

Damit ist die Entstehungszeit des Zusatzes begrenzt auf die Zeit von der Publikation des c. XI mit dem ersten Theile der goldenen Bulle am 10. Januar 1356 bis zur Ausstellung des Strassburger Privilegs vom 3. März 1358. Dr. Edmund Stengel bemerkt nun in seiner oben S. 265 erwähnten Mittheilung über den Zusatz in B, derselbe sei am oberen und seitlichen Rande mit schwärzerer Tinte, aber von derselben Hand, welche den Text schrieb, hinzugefügt. Ist die Hand wirklich dieselbe, so dürfte dieser Umstand sehr dafür sprechen, die Entstehungszeit mehr an den Anfangstermin heranzurücken. Unmittelbar nach der Publikation des c. XI dürfte aber der Zusatz nicht verfasst sein, weil die Zweifel über die Bedeutung der fraglichen Bestimmung, welche den Zusatz veranlassten, wahrscheinlich doch erst bei der praktischen Durchführung hervorgetreten sind.

Harnack hat den Zusatz als kaiserliche Interpretation bezeichnet und damit dessen Bedeutung richtig gekennzeichnet. Der Kaiser entscheidet in dem Zusatz die entstandenen Zweifel; (vgl.: legem ... de illis ... debere declaramus intelligi; apud illos agatur; decernimus recurrendum). Von einer Vereinbarung mit den Fürsten oder Kurfürsten ist nicht die Rede, ebensowenig von einem über diese Frage eingeholten Reichsurtheil, und deshalb dürfen wir annehmen, dass der Kaiser die Erläuterung selbständig ohne Mitwirkung anderer Organe der Reichsverfassung gegeben hat.

Authentische Interpretation der Gesetze ist Gesetzgebung. Sie steht dem Gesetzgeber zu. Der Gesetzgeber war aber in jener Zeit theoretisch wohl unbestritten der König oder Kaiser. Noch ruhte die Fülle der Reichsgewalt in der Hand des Kaisers. Er konnte aus der Fülle dieser

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Karl Zeumer: Ueber einen Zusatz zu c. XI der goldenen Bulle Karls IV.. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1902, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_23_268.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)