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allein dem gewählten oder gekrönten König zustand; sie setzte regelmäßig eine besondere Privilegierung durch den König voraus, sollte sie auch seitens eines Fürsten erfolgen können. Das Schweigen der Goldenen Bulle gerade über sie verhindert die Annahme, vacante imperio habe den Reichsverwesern das Recht zugestanden, jene Bittbriefe auszustellen und mit ihnen die Kirchen im Reiche anzugehen.[1] Nach allem faßte das Reichsgesetz in erster Linie das niedere Reichskirchengut ins Auge, soweit es dem Königtum als ein Vermögenskomplex mit daranhaftenden kirchlichen Rechten verblieben war, also die Pfarrkirchen und Kapellen in Stadt und Land, soweit der königliche Patronat die Stellen der an ihnen beschäftigten Geistlichen erfaßte. Das Reichsgesetz berücksichtigte in zweiter Linie die sog. Königspfründen an kirchlichen Anstalten mit kollegialer oder konventualer Zusammenschließung ihrer Mitglieder, demnach Dom- und Stiftsherren- wie auch Mönchs- und Nonnenpfründen, nicht aber auch Laienpfründen, die nicht als kirchliche im strengen Wortsinne gedeutet werden können; die Reichsvikare würden also nicht imstande gewesen sein, jene sog. Panisbriefe auszustellen, deren erster durch einen König im Jahre 1335, nicht, wie man lange annahm, im Jahre 1360 ausgefertigt worden war.[2] Bei beiden Gruppen kirchlicher Pfründen ging die Präsentation von seiten des Königs und so auch des Reichsvikars an den zuständigen Bischof bzw. Generalvikar, nur daß bei der zweiten noch eine Aufnahme des vom Bischof oder Generalvikar Bestätigten durch das Kapitel der Dom- oder Stiftsherren bzw. den Konvent der Mönche und Nonnen zu erfolgen hatte. Und derartige

  1. Vgl. H. Bauer, Die preces primariae der deutschen Könige im früheren Mittelalter (Heidelberger Diss., Stuttgart 1914), bes. S. 3ff. Nicht mehr verwendbar sind die älteren Arbeiten über diesen Gegenstand, z. B. M. H. Gribner, De precibus primariis vicariorum imperii. Wittenberg 1708. Chr. G. Buder, Diatriba de S. R. I. vicariorum iure praesentandi ad beneficia ecclesiastica. Jena 1741. J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht VIII (Leipzig und Ebersdorff im Vogtland 1743) S. 43ff.; Von denen Kayserlichen Regierungsrechten und Pflichten II (Franckfurt am Mayn 1773) S. 817 ff.
  2. Vgl. H. Bauer a. a. 0. S. 7 mit Anm. 3.
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Albert Werminghoff: Zum fünften Kapitel der Goldenen Bulle von 1356. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1915, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_36_278.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)