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auf die Vergebung der Lehen, die Entgegennahme der Treu- und Huldigungseide beziehen; auch die eigentümlich künstliche Stilisierung des Satzes möchte dafür sprechen, daß es sich in ihm allein um die Betätigung der Reichsvikare in Reichslehenssachen handelt, mit Ausnahme freilich der Fahnenlehen weltlicher und geistlicher Reichsfürsten, auf die der folgende Passus des fünften Kapitels eigens einzugehen Gelegenheit nimmt.

Wie dem immer sei, unsere Erörterungen haben noch nicht erklärt, warum unter den Befugnissen der Reichsvikare besonders der potestas ad beneficia ecclesiastica presentandi Erwähnung geschieht. Legte Karl IV. soviel Gewicht gerade auf sie als den Restbestand eines Vermögens, das in früherer Zeit viel größer gewesen war, auf sie als die Erinnerung an die kirchliche Herrschaft selbst über die höheren Reichseigenkirchen, die dem Königtum längst entwunden war? Karls IV. auffallend genug aus kirchlichem Sinn und Verständnis für die „Welt“ gemischtem Geiste mochte es entsprechen, auch an das niedere Reichskirchengut zu denken, das in seiner räumlichen Zersplitterung, der Voraussetzung freilich seiner nachweisbaren Minderung, ihm immerhin die Möglichkeit gewährte, bald hier bald dort als Patron sich zu betätigen —, solche Erklärung aber ist von weither geholt und drängt deshalb zum Ersatz durch eine andere, die nach Lage der Dinge nur in der Geschichte des Reichsvikariats gesucht werden dürfte.

Für diese liegen zwei neuere Arbeiten vor[1], einmal die Dissertation von G. Kupke, die leider die Reichsverweserschaft vacante imperio und die Reichsstatthalterschaft bei besetztem Königsthron nicht genügend auseinanderhält und so jeden Versuch erschwert, die dem Reichsvikar zukommenden und die dem Reichsstatthalter überwiesenen Rechte in ihrer Verschiedenheit und oft auch ihrer Gleichheit scharf zu erfassen.[2] Um so willkommener

  1. Nützlich sind noch heute die Darlegungen von J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht VII S. 412 ff. VIII S. 1ff.; Von denen Kayserlichen Regierungsrechten und Pflichten II S. 737 ff.
  2. G. Kupke, Das Reichsvikariat und die Stellung des Pfalzgrafen bei Rhein bis zu Sigmunds Zeit. Halle an der Saale 1891. Der Verfasser behandelt auch die Reichsvikare in Italien, gerade für sie aber ist das Material dank den Veröffentlichungen in den MG. Constitutiones so bereichert worden, daß eine Neubearbeitung sich lohnen würde; s. vorläufig noch immer J. Ficker, Forschungen zur Reichs- und Rechtsgeschichte Italiens II (Innsbruck 1869) S. 559 f.
Empfohlene Zitierweise:
Albert Werminghoff: Zum fünften Kapitel der Goldenen Bulle von 1356. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1915, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_36_280.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2018)