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Fahnlehen handelte, späterhin die Goldene Bulle den Reichsvikaren entzogen, dem König oder Kaiser allein vorbehalten wissen wollte.

Aus allem folgt: in der potestas ad beneficia ecclesiastica presentandi wurde den Reichsvikaren im Jahre 1356 kein Recht zugesprochen, das sie nicht schon vorher besessen und, ein jeder innerhalb seines mehr oder minder genau abgegrenzten räumlichen Amtskreises, wahrgenommen hätten. Die Goldene Bulle erwähnte naturgemäß in erster Linie ihre weltlichen, auf das Reich als Staat bezüglichen Obliegenheiten. Sie nannte die kirchliche Gerechtsame des Vorschlags zu Pfründen, weil sie im Kreise der Reichsrechte zwar nicht das wichtigste, immerhin ein wichtiges Reichsrecht darstellte, wie wenig oder wie viel es durch Verschleuderung gerade des niederen Reichskirchengutes an Tragweite eingebüßt hatte. Trügt nicht alles, so lassen sich insgesamt drei Gründe aufdecken, um derentwillen es sich empfahl, jener Befugnis gerade im Zusammenhang mit den Obliegenheiten der Reichsverweser zu gedenken.

Jeder Vorschlag des deutschen Königs und folgeweise vacante imperio eines der Reichsverweser zur Neubesetzung einer erledigten kirchlichen Pfründe stellt sich als Wirkung und Äußerungsform des dem Reiche an der Pfründe zustehenden Patronatrechtes dar, jenes Rechtes also, auf das im Laufe der Zeit das ursprüngliche Eigentum an der Pfründe eingeschränkt worden war. Der Patronat des Reiches war ein Laienpatronat und unterlag daher den für seine Wahrnehmung gültigen Bestimmungen des Kirchenrechts. Dieses faßte für die Frist, binnen deren die Präsentation zu erfolgen hatte, sollte nicht das ordentliche, freie Besetzungsrecht des nächstzuständigen kirchlichen Oberen Platz greifen, bei Laienpatronaten den Zeitraum von vier Monaten ins Auge[1]; erst die wesentlich jüngere kanonistische Doktrin

  1. Vgl. U. Stutz, Kirchenrecht2 (Enzyklopädie der Rechtswissenschaft von Holtzendorff-Kohler V7. München u. Berlin 1914) S. 452.
Empfohlene Zitierweise:
Albert Werminghoff: Zum fünften Kapitel der Goldenen Bulle von 1356. Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1915, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_Rechtsgeschichte_Germ._Abt._Bd_36_284.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)