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ZWEI THIERMÄRCHEN.
KRIEG DER WESPEN UND ESEL.

Ein esel weidet an einem hügel, die bienen schwärmen um ihn herum: auch eine wespe fliegt heran und setzt sich in sein ohr. der esel, als er ihre stiche empfindet, gerät in wuth, schüttelt sich, schreit laut und rennt hin und her. endlich ruft er dem plagegeist zu ‚hast du dich in den hölungen meines leibes versteckt, so komm heraus und kämpfe offen mit mir. hast du mut, so mögen die bienenschwärme und die schaar der esel mit einander krieg führen‘. es wird ein kampf auf offenem feld verabredet und der tag bestimmt. der esel begibt sich zum löwen und berichtet was sich zugetragen hat; dabei äußert er die besorgnis daß die wespe wieder in sein ohr kriechen werde. der löwe ertheilt ihm den rat alle öffnungen seines leibes mit riemen zu verschließen, dann würden seine feinde nichts gegen ihn ausrichten und er sieger bleiben. dieser rat wird befolgt, und auf diese weise geschützt erscheinen die esel auf dem schlachtfeld. als die wespen sehen daß kein weg mehr offen ist, um in den feind zu dringen, so setzen sie sich unten an den bäuchen der thiere fest und peinigen sie nach kräften. die esel werfen sich auf die wespen nieder, um sie zu erdrücken, aber dabei springen die banden entzwei, womit die zugänge verschlossen waren. jetzt dringen die wespen überall ein, beißen stechen und quälen die esel so heftig daß diese rufen ‚wir unterwerfen uns wenn ihr uns nur wieder verlaßt‘.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf (Hrsg.): Zeitschrift für deutsche Mythologie und Sittenkunde, Band I. Dieterische Buchhandlung, Göttingen 1853, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_fuer_deutsche_Mythologie_und_Sittenkunde_-_Band_I_Seite_011.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)