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zu trauren; denn jetzt wäre sie überzeugt, ihr Kind sei glücklich, und sie wünsche jetzt nichts mehr, als bei ihnen zu seyn.“


Sie ging nachher jeden Abend an den Baum, auf welchem ihr Mann und Sohn lagen, und schnitt eine Locke von ihrem Haar ab, welches sie auf die Erde streute, und betrauerte in einem schwermüthigen Liede ihr Schicksal. Ihre Lieblingsmaterie war, die Thaten herzurechnen, die ihr Sohn verrichtet haben würde, wenn er länger gelebt hätte: und so lange sie sich mit diesen Gedanken beschäftigte, schien ihr ganzer Schmerz aufzuhören.


Klage einer Mutter um ihren Sohn.

„Wärest du bei uns geblieben, mein lieber Sohn, wie sehr würde der Bogen deine Hand

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/162&oldid=- (Version vom 1.8.2018)