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der Schöpfung im Gange erhält und die Welt vor dem Tode bewahret. Ins Reich der inneren Kräfte, ins eigentliche Dispensatorium des Lebens zu dringen ist keinem Sterblichen gelungen; es wird ihm auch nie gelingen, da die Schranken unsrer Organe uns deutlich vorstehn. – Wie thöricht-verlohren wäre also jeder Gedanke, der die Geburt der Seelen in eine andre Welt auch nur Traumweise beschreiben wollte! Die scharfsinnigsten Köpfe, die sich hiemit abgaben, auf wie kindische Einbildungen sind sie gerathen! Der uns ungefragt hiehergebracht und für das Werden in diese Welt einen so unerwarteten Plan ersonnen hat, wird uns auch in eine andre Welt hinüber zu fördern wissen, wenn er unser bedarf. Was wissen wir? Das uns empfangende Medium kann bereit seyn, sobald sich unser Auge schließt, und die Kräfte der Natur sind sich allenthalben allgenugsam. – Wir dörfen für sie nicht messen und zählen.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/245&oldid=- (Version vom 1.8.2018)