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„Bruder, wenn uns Gott nun Wunder gäbe,
Wunder, selbst den Satan zu entwaffnen,
Kräfte, diesem Tauben, jenem Stummen,

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Blinden, Lahmen, Ohr und Zung’ und Auge,

Hand und Fuß zu geben; der verwesten
Menschen-Asche neue Lebensfunken –“

     Leo fiel ihm ein: „o guter Vater,
Warum sprichst du also? Oeffne lieber,

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Oeffne mir der wahren Freude Quell.“


     Sprach Franciscus: „Als vor jener Hütte,
Der wir Segen brachten, uns der Pförtner
Halbgesehn, die Pforte kaum eröfnet,
Drohend fortwies, und uns heilge Lügner

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Uns Verräther schalt und schloß die Thür zu –

Wenn wir da, als hätt’ er uns mit warmem
Mildem Bad’ erquickt, den Gruß annahmen,
Und uns freuten und in Windes Pfeifen
Auf dem harten Stein, auf jenem Berge

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Ruheten, als lägen wir auf Rosen,

Und der Schnee uns wie mit Rosen deckte;

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/367&oldid=- (Version vom 1.8.2018)