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Noch mehr zu leiden. Hülf und Rath und Trost
Bei Menschen war verschwunden. Wer ihm half,
Ward auch verfolget, und zuletzt gebrach
Das Letzte ihm, sein innrer Trost.

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 Da sprach er:

„Sein Will geschehe!“ und gab sich zur Ruh.

     Und plötzlich stand vor ihm die Schönste da,
Sanftglänzender, als er sie je gesehn.
Sie flocht aus vielen Rosen einen Kranz

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Für ihn, und er erkannt’ in jeder Rose

Den Dorn, auf welchen sie entsproßen war.
„Nimm, sprach sie, ihn; er ist der Deinige.
Jetzt ist mein Bild in Deinem Herzen: Du
Gewannest selbst es dir, bewahr’ es treu.

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Ihr Menschenherzen traut! Von allem Schönen

Die schönste Weisheit wird durch Prüfung nur.“


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/393&oldid=- (Version vom 1.8.2018)