Seite:Zerstreute Blaetter Band III 140.jpg

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vergebliche Mühe ihrer sinnreichen Erfinder dünken. Ob die Wesen, die uns ihre Handlung gegenwärtig machen, Götter, Menschen oder Thiere sind? kann dem Zuhörer gleichgültig seyn, gnug wenn sie im lehrreichen Wesen ihrer Handlung nur in seine Welt gehören, da eben ihm die Fabel erzählt wird. Wesen außer unserer Welt kennen wir überhaupt gar nicht, noch minder eine Moral außerhalb dem Kreise der Menschheit; und aus welchem Fach vom Linneischen Natursytem die Geschöpfe der Fabel genommen seyn, kann uns nicht interessiren, sobald wir das Hauptgesetz der Dichtung an ihnen erfüllet sehen. Auch die Götter Aesops gehören zu unsrer Welt, zur Welt der Sage nämlich und einer den Menschen angemessenen nutzbaren Lehre; das Mehr und Minder im Analogen ihrer Vernunft, wenn solches Charakter-mäßig beobachtet worden, ändert nichts im Wesen der Fabel.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_140.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)