Seite:Zerstreute Blaetter Band III 162.jpg

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Vertriebnen ein etwanniges Gewand verschaft hatten, in welchem sie unerwartet, oder unerkannt erschiene und desto mehr gefiele. Nur ungeschickte Hände warens, die sie unter diesem Gewande ganz unkänntlich machten, die ihr jene schwere gothische Drapperie zuschnitten und mit tausend Falten, mit einer langen Schleppe von Lehren und einem ganzen Markt von Zierrathen ihre schönen Glieder krümmten. Unmöglich aber kann diese Galla-Tracht der Wahrheit, wie Gleim sie nennet, jenes durchsichtige Koische Gewand verruffen, das alle ihre Glieder und ihren ganzen Wuchs im schönsten Ebenmaas zeiget. Selbst das härtere Wort Verkleidung ist einer gewissen Gattung von Fabeln nicht unanständig, deren Zweck es eben war, den Sinn der Erdichtung eine Zeitlang aufzuhalten und zu verbergen, damit er am Ende der Erzählung auf einmal desto größere Wirkung thäte. Oft ging diese Verkleidung zweckmäßig soweit, daß der Dichter dem

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)