Seite:Zerstreute Blaetter Band III 182.jpg

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der Ursprung aller menschlichen Dichtung, jener wirksame Trieb in uns, Analogieen zu schaffen, mit innerem Vergnügen sie anzuerkennen und jedesmal dadurch seine Begriffe zu erweitern, zu üben, zu stärken, in einer allgemeinern Quelle gesucht werden? Auch der äsopischen Fabel ist also Analogie die Mutter; nicht Abstraction, nicht eine leere Reduction vom Allgemeinen aufs Besondre. Fabeln, die auf dem letztern Wege erfunden wurden, sind meistens todte Fabeln; dagegen die Dichtungen der Analogie in jedem Gliede leben. Auch die Freude des Zuhörers bei dieser Dichtung, seine Freude beim Anerkennen des ähnlichen Falls und sein unvermerktes, williges Lernen der eingekleideten Lehre erklärt sich aus dem Aristotelischen Grundsatz vortreflich; dagegen die Abstraction und Reduction nichts erkläret. Der Mensch ist ein nachahmendes Thier: er freuet sich also über die Fabel nicht nur als über ein

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)