Seite:Zerstreute Blaetter Band I 154.jpg

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Gange der Empfindung. Hier ist kein so einfacher Gedanke, keine so simple Darstellung mehr; auch bey den einfachsten ist außer dem fröhlichen, lauten Aufruf offenbar eine mehrere Auflösung der Züge, kurz ein lyrisches Gemälde, das zwar in ein Epigramm verwandelt werden kann, aber selbst kein Epigramm ist.

     Das Idyll der Griechen erscheint bey Bion, Moschus und Theokrit, insonderheit bey den beyden ersten, in einer Vielfachheit, die manchen Gesetzen neuerer Kunstrichter Trotz bietet. Bald ists ein Todtengesang voll heiliger Gebräuche, voll heftiger, trauriger, schmerzlicher Affekten; bald wiederum eine ruhige Empfindung; jetzt ein Seufzer, jetzt ein Gebet, jetzt eine Dichtung mit einem so witzigen Ausgange, daß zum Epigramm ihm nur Sylbenmaas und Kürze zu fehlen scheinen. Indessen ist keins derselben ein Epigramm wie z. B. der pflügende Amor von Moschus es offenbar ist und seyn sollte.

     Auch Fabeln giebts in der Anthologie, die sich in ihr nicht nur der Kürze und des Sylbenmaasses,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)