Seite:Zerstreute Blaetter Band I 263.jpg

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die sie wie ein feines unsichtbares Gewebe spinnen und fortspinnen nach eigner Lust und Liebe. Haben Sies bemerkt, Charikles, daß Kinder plötzlich Ideen äussern, über die man sich wundert, wie sie zu ihnen gekommen seyn? die eine lange Reihe andrer Ideen und geheimer Unterhaltungen voraussetzen, die wie ein voller Strom aus der Erde brechen – zum untrüglichen Wahrzeichen, daß er nicht erst den Augenblick aus ein paar Regentropfen zusammengeflossen, sondern lange, lange schon als Strom verdeckt unter der Erde geflossen sey, vielleicht manche Hölen durchbrochen, manche Klippen mit sich gerissen, manchen Unrath an sich gesetzt habe –

     Ch. Und wenn wir das bemerken, wer kann wider die Natur? Können wir den Lauf dieser Ströme hemmen oder ans Licht graben, oder gar den Bau der Erde und der Menschenseelen nach unserm Gefallen ändern?

     Th. Wir könnens, und könnens auch nicht. Wir könnens nemlich so weit wirs sollen, und sollens soweit wirs können. Wenn wir die Seelen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_263.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)