Seite:Zerstreute Blaetter V.djvu/284

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

     Dem Menschen auserkohren,
     Dem die Natur sich beugt.

Liebliche Liebe, wo bist du bei uns verborgen.
Daß wir dein Saft und Kraft nicht schmecken heut noch morgen?

     Die Welt thust du erfüllen
     mit süßem Honigseim,
     das größte Leiden stillen
     durch deinen milden Schein.

Innige Liebe, wo bist du bei uns verschlossen,
Daß wir zu deiner Treu uns schicken so verdrossen?

     Alles kannst du verbinden,
     was irgend ist zerstreut,
     In dir ist Alls zu finden,
     was Menschenherzen freut.

Stetige Liebe, wo bist du bei uns verlohren,
Daß du, Standhafteste, nie kommst vor unsre Ohren?

Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1793, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_V.djvu/284&oldid=- (Version vom 1.8.2018)