Seite:Zeumer Die Goldene Bulle.pdf/157

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presentia venerabilium ecclesiasticorum et illustrium secularium principum electorum omnium ac aliorum principum, comitum, baronum, procerum, nobilium ac magnatum plures leges et constitutiones imperiales ... edendas duxerimus et solempniter promulgandas. Doch ist es nicht notwendig, diese Worte so aufzufassen, als wollten sie sagen, daß die Gesetze auch mit den Fürsten, Grafen und Herren beraten seien; denn der Wortlaut gestattet wohl die Deutung, daß nicht notwendig die beiden Ausdrücke cum consilio und in presentia sich auf sämtliche darauf genannte Personen beziehen sollen. Man kann die Stelle auch so verstehen, daß die genannten Personen nur zum Teil an der Beratung teilnahmen, während die übrigen nur bei der Publikation anwesend waren; und zu dieser Deutung sind wir mit Rücksicht auf das oben Ausgeführte genötigt.

Dürfen wir somit sagen, daß die Bestimmungen der Goldenen Bulle vor ihrer Publikation mit den Kurfürsten allein durchberaten wurden, so soll damit natürlich nicht bestritten werden, daß über einen oder andern Punkt nicht auch der Rat von Angehörigen anderer Reichsstände eingeholt sein könnte. Hören wir doch vom Kaiser selbst, daß der Bischof Johann von Straßburg auf dem Nürnberger Tage in ganz hervorragender Weise an den Reichsgeschäften teilgenommen hat, und durften wir doch mit voller Sicherheit auf sein Betreiben die Aufnahme des Pfalbürgerverbots in das Gesetzbuch zurückführen!

Es bestand aber ein wesentlicher Unterschied zwischen dem von solchen einzelnen Reichsständen und dem von den Kurfürsten erteilten Rat. Jeder Reichsfürst sowie jeder reichsunmittelbare Graf und Herr und ebenso jeder Reichsdienstmann und Rat einer Reichsstadt war verpflichtet, dem Kaiser auf Verlangen Hofdienst zu leisten, der im Dienst zu Rat und Gericht bestand. Auch wer nicht als heimlicher Rat und Hofgesinde angenommen und dadurch in eine besondere Dienstpflicht zum Herrscher getreten war, konnte von diesem jederzeit zu Rate gezogen werden, wenn derselbe seiner Einsicht und Sachkunde bedurfte. Der Zweck eines solchen Beirates war nur der, den Kaiser in seinen Entschließungen zu beraten und so die Zweckmäßigkeit und Sachgemäßheit seiner Verfügungen zu fördern. Entsprechend diesem Zwecke tritt ein solcher Beirat in den mit seiner Hilfe entstandenen Verfügungen in der Regel nach außen nicht hervor.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)