Seite:Zeumer Die Goldene Bulle.pdf/164

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Zusatzkapitel eingetragen wurden, kann unmöglich das uns überlieferte böhmische gewesen sein; denn erstens müßte sich da, wo der Zusatz eingefügt ist, irgendeine Spur bemerken lassen davon, daß die Zusatzkapitel nicht in einem Zuge mit den unmittelbar vorhergehenden geschrieben waren. Eine solche Spur, ein Wechsel der Hand oder auch nur der Feder oder Tinte ist aber nicht zu konstatieren.[1] Ferner müßte in dem Publikationsdatum der Einleitung eine Korrektur wahrnehmbar sein, da doch vorher auf einen früheren Termin gerechnet war; ganz abgesehen davon, daß in dem bei der Publikation benutzten Exemplare das Proömium überhaupt kaum schon vorhanden sein konnte.

Wenn nun aber das böhmische Exemplar, welches wir mit Harnack als B bezeichnen, unmöglich bei der feierlichen Publikation am 10. Januar benutzt sein kann, so wäre doch denkbar, daß es unmittelbar nach dem Nürnberger Tage hergestellt und dann in der kaiserlichen Kanzlei als authentisches Exemplar benutzt wäre. Doch auch das ist nach allem, was wir in Erfahrung bringen können, nicht der Fall gewesen.

Die schon mehrfach erwähnten Privilegien, welche der Kaiser am 25. Januar und am 2. Februar dem Erzbischof Wilhelm für die Kölner Kirche ausstellte, enthielten, wie ebenfalls schon bemerkt wurde, eine Anzahl Kapitel der Nürnberger Gesetze wörtlich eingerückt, und zwar das erstere die Kapitel IX, X, XI, XIII, XV, das letztere aber XIV und XVII; doch fehlt von diesem letzteren Kapitel der letzte auf die ungerechten Zölle und Geleite bezügliche Absatz. Es ist nun die Frage, ob diese Privilegien in der kaiserlichen Kanzlei oder in der des Erzbischofs konzipiert sind; denn nur im ersten Falle ist ein Schluß auf die Beschaffenheit des Exemplars der kaiserlichen Kanzlei aus dem Text der Privilegien zulässig.

Wäre das Konzept zu den Privilegien in der Kölner Kanzlei hergestellt, so müßte damals bereits diese Kanzlei einen Text der Goldenen Bulle zur Verfügung gehabt haben. Dem würde nicht entgegenstehen, daß das in Darmstadt aufbewahrte Kölner Exemplar des Gesetzes erst nach Hinzufügung des zweiten

Teils auf dem Metzer Reichstage Weihnachten 1356 geschrieben


  1. Nach gütiger Mitteilung der Direktion des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Zeumer: Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. (Teil 1). Weimar: Hermann Böhlaus Nachfolger, 1908, Seite 146. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeumer_Die_Goldene_Bulle.pdf/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)